Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar: Zweifelhaftes Wirtschaftswunder
> Wachstum, das sich allein auf den Export stützt, kann nicht von Dauer
> sein. Die Löhne müssen steigen.
Der Begriff "Aufschwung" genüge nicht, kommentierte Frank-Walter Steinmeier
kürzlich die deutschen Wachstumsraten zu Jahresbeginn. Stattdessen wollte
der SPD-Außenminister gleich vom "dritten deutschen Wirtschaftswunder"
sprechen, ermöglicht - wie könnte es anders sein - durch die rot-grüne
Reformpolitik.
Nun ist es um dieses Wunder schon wieder geschehen: Auf 0,3 Prozent hat
sich das Wachstum im zweiten Quartal abgeschwächt; im Jahresvergleich legte
die Wirtschaft nur noch um 2,5 Prozent zu. Getragen wird das Wachstum
weiterhin fast nur von den boomenden Exporten, während die Binnennachfrage
auf niedrigem Niveau stagniert. Dieses Missverhältnis kritisieren linke
Ökonomen schon lange.
Deutschland hinkt im internationalen Vergleich nicht nur bei staatlichen
Investitionen in Bildung und Infrastruktur hinterher. Auch ein Blick auf
die Tarifpolitik zeigt das Problem: Die Einkommen der Beschäftigten sind im
ersten Halbjahr 2007 um 2,3 Prozent gestiegen. Bei einer Inflationsrate von
1,8 Prozent bleibt davon ein reales Plus von einem halben Prozent übrig -
von dem in vielen Fällen zudem gestrichene Leistungen und Steuervorteile
abgehen.
Ein Wachstum, das allein auf den Export setzt, verweigert der Mehrheit der
Menschen die Teilhabe am Aufschwung und ist zudem riskant. Neben dem
starken Euro und den weltweiten Konjunkturschwankungen zeigt gerade die
aktuelle Krise an den Kapitalmärkten, dass es nicht ratsam ist, sich allein
auf die Weltwirtschaft zu verlassen - und dementsprechend vor allem auf
Kostensenkungen zu setzen.
Den Bundesverband der deutschen Industrie hält das freilich nicht davon ab,
ein "Weiter so!" zu fordern. Das ist nicht verwunderlich: Während die
Einkommen der Beschäftigten von 2000 bis 2006 um gerade mal 4 Prozent
stiegen, legten die Unternehmens- und Vermögenseinkommen um knapp 40
Prozent zu. Und dieses "Wirtschaftswunder" kann sich die Politik
tatsächlich auf die Fahnen schreiben.
14 Aug 2007
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Lesestück Recherche und Reportage
## ARTIKEL ZUM THEMA
Stellenabbau bei VW und Thyssenkrupp: Das war die BRD
Stahl aus dem Ruhrgebiet und der VW-Käfer symbolisieren das westdeutsche
Wirtschaftswunder. Ist damit jetzt Schluss? Über den Kampf von
Beschäftigten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.