Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Fünfkampf: Das Glück am Rande des Sports
> Sie schwimmt, schießt, reitet, ficht und rennt: Lena Schöneborn will bei
> der Weltmeisterschaft der Fünfkämpfer in Berlin mehrmals auftrumpfen. Und
> freut sich schon auf Olympia.
Bild: Lena Schöneborn (links) auf dem Podium nach dem Staffelsieg im Fünfkamp…
Die vergangene Nacht verbrachte Lena Schöneborn in einem Berliner Hotel am
Kurfürstendamm, etwa fünf Autominuten von ihrer Wohnung entfernt. Und
vielleicht ist sie zu guter Letzt dann doch etwas nervös geworden wegen der
heute beginnenden Weltmeisterschaft im Modernen Fünfkampf. Womöglich raubte
ihr die Vorstellung den Schlaf, dass sie am nächsten Tag irgendetwas aus
dem Rhythmus bringen könnte beim Pistolenschießen, Fechten, Schwimmen,
Reiten oder Laufen
Zuvor hatte die 21-Jährige selbst ein wenig erstaunt erklärt: "Ich bin
dieses Mal gar nicht so angespannt, vielleicht weil ich mich in meinem
gewohnten Umfeld in Berlin befinde." Seit Mittwoch ist das eben anders. Die
WM-Organisatoren haben es geschafft, für die Zeit des Wettbewerbes die
gesamte Fünfkampfelite in einer Fünfsterneherberge unterzubringen.
Mehr als 300 Sportler nächtigen dort bis zum Abschlusstag, dem 21. August.
Und aus deutscher Sicht ist Schöneborn sicherlich ein ganz besonderer
Hotelgast. Vor zwei Jahren sah es nämlich um die heimische Frauenkonkurrenz
recht düster aus. Die beiden einzigen international konkurrenzfähigen
Athletinnen Kim Raiser und Elena Reiche waren dabei, ihre Karrieren
ausklingen zu lassen. Keiner wusste so recht, wer sie ersetzen sollte. Da
überraschte Lena Schöneborn mit dem Einzeltitel bei der
Juniorinnenweltmeisterschaft 2005. Die sorgenvollen Mienen der
Fünfkampffunktionäre hellten sich auf. Ziemlich erleichtert resümierte
damals Verbandspräsident Klaus Schormann: "Jetzt wissen wir, dass uns um
die Zukunft des Frauenfünfkampfes in Deutschland nicht bange sein muss."
Das Glück von Randsportarten kann an ein oder zwei Personen hängen.
Schöneborn ist zur Botschafterin der Fünfkämpferinnen geworden, so wie Eric
Walther, der Weltmeister im Jahre 2003, schon seit längerem als
Repräsentant der Männerriege gefragt ist. "Ich mache das gerne", sagt
Schöneborn, die in Berlin Business Administration mit Schwerpunkt Marketing
studiert. Sie eignet sich auch gut für diese Rolle. Ihre eigene
Erfolgsgeschichte fasst sie recht knapp zusammen: "Bei mir ist es von
Anfang an sehr gut gelaufen." Dafür lobt sie detailliert die abgeschlagene
nationale Konkurrenz. Schöneborn zählt auf, wer in welchen Disziplinen
Hervorragendes gezeigt hat und in anderen wiederum nur vom Pech verfolgt
war. Und sie schwärmt vom familiären Charakter ihrer Sportart, wo jeder
jedem hilft und man bei internationalen Wettbewerben von den Rivalen auch
noch nach Hause eingeladen wird.
Wie die meisten kam Schöneborn über Umwege zum Modernen Fünfkampf. Ihr
Schwimmverein musste zum Trainieren nach Bonn ausweichen, und dort wurde
die damals 15-Jährige von einem Fünfkampfcoach gebeten, sich doch einmal in
den vier anderen Disziplinen zu probieren. Schnell zeigte sich ihr
vielseitiges Talent. Anstatt auf Schwimmwettbewerben durch
Nordrhein-Westfalen zu tingeln, reiste sie nach nur einem Jahr zu ihrem
ersten Wettkampf auf Gran Canaria. Und schon war Lena Schöneborn überzeugt
von ihrem Wechsel: "Ich dachte: Wow, was für ein toller Sport."
Die Wahlberlinerin könnte noch bei den Juniorinnen starten, doch außer ihr
hat sich noch kein deutscher Moderner Fünfkämpfer für die Olympischen
Spiele in Peking 2008 qualifiziert. Diese Hürde übersprang Schöneborn vor
zwei Monaten mit einem vierten Platz bei der Europameisterschaft in Riga.
Auch deshalb kann sie nun die anstehende WM in Berlin entspannter angehen.
Der Druck bestünde insbesondere darin, so Schöneborn, die erwartungsfrohen
Verwandten und Bekannten zufrieden zu stimmen. Sie selbst ist auf das Ziel
Olympia fixiert. Seit drei Jahren richtet sie ihr Leben danach aus. Über
die Zeit danach will sie nicht sinnieren. Das ist ein Grundsatz von ihr.
Immer nur in Etappen denken. Auch beim Fünfkampf erkundigt sie sich während
des Wettkampfes nie nach dem Gesamtstand, um sich optimal auf jede Aufgabe
konzentrieren zu können.
Nach den Olympischen Spielen in Peking beginnt im Modernen Fünfkampf
sowieso eine neue Zeitrechnung. Der Weltverband hat sich für ein
vermeintlich attraktiveres Format entschieden, um nicht aus dem olympischen
Programm gestrichen zu werden. Das Laufen und Schießen legt man zu einem
Wettbewerb zusammen.
Andere sportliche Qualitäten sind dann wohl gefragt: Wer kann nach
läuferischer Höchstleistung sein Puls am schnellsten beruhigen, so wie es
die Biathleten am Schießstand machen müssen. Lena Schöneborn ist wenig
begeistert von der Reform. Sie weiß nicht, ob sie dann noch vorne mit dabei
sein wird. Sie sagt: "Wenn es mir keinen Spaß macht, werde ich aufhören."
Die Zukunftshoffnung des Modernen Fünfkampfes könnte also schon bald wieder
der Vergangenheit angehören.
16 Aug 2007
## AUTOREN
Johannes Kopp
Johannes Kopp
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
## ARTIKEL ZUM THEMA
Fünfkampf ohne Springreiten: Nicht auf dem Rücken der Pferde
Das Streben nach Medaillen liegt nicht in der Natur der Vierbeiner. Tiere
gehören nicht auf die Bühne des Leistungssports.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.