# taz.de -- Schwarze Schauspieler: Weiß-Fernsehen | |
> Sie spielen im deutschen TV Putzfrauen, Asylbewerber Saxofon - oder gar | |
> nichts. Über ein Strukturproblem. | |
Bild: Einer der wenigen schwarzen Schauspielern im deutschen TV: Pierre Sanouss… | |
Dieser Text hat ein Problem: Es sollte ihn eigentlich gar nicht geben. Wäre | |
besser so. Denn er thematisiert die Situation schwarzer Schauspieler in | |
Deutschland, die sich nicht von der ihrer weißen Kollegen unterscheiden | |
sollte. Mensch ist Mensch, Schauspieler Schauspieler. So weit die Theorie. | |
Der Berufsalltag schwarzer Schauspieler in Deutschland sieht allerdings | |
ganz anders aus: Selbst Pierre Sanoussi-Bliss, der seit zehn Jahren in der | |
ZDF-Krimiserie "Der Alte" dessen Assistenten Axel Richter verkörpert und | |
bei Doris Dörrie vor der Kamera stand, klagt über zu wenige Rollenangebote | |
und ihre mindere Qualität: "Wenn nicht hinter dem Rollennamen in Klammern | |
'ein Farbiger' steht, kommt kaum einer drauf, mich zu besetzen." | |
Sanoussi-Bliss hat seine Prominenz eingesetzt, um gegen diesen | |
strukturellen Rassismus zu protestieren. Auf dem Integrationsgipfel hat er | |
im vergangenen Jahr eine gepfefferte Rede gehalten: "Lasst uns auch in den | |
Medien Normalität demonstrieren und einklagen Arabella Kiesbauer kann ja | |
nicht schon alles gewesen sein." | |
Normalität. Sie ist das Ziel, "Prostituierte, Putzfrau, Asylbewerberin" der | |
Status quo. So beschreibt Joana Adu-Gyamfi die Rollen, die ihr in der Regel | |
angeboten werden. Ihr, die als Tochter ghanaischer Eltern in Deutschland | |
geboren und aufgewachsen ist und immer wieder zu hören bekommt: "Sie | |
sprechen aber gut Deutsch" - mit Betonung auf dem "aber". "Es ist ein | |
großes Problem für die Akzeptanz schwarzer Schauspieler, dass das | |
Straßenbild in Deutschland nicht so bunt gemischt ist wie in England oder | |
Frankreich", sagt sie und bekommt Rückendeckung von der Casterin Anja | |
Dihrberg: "Wichtig wäre eine größere Normalität im Alltag, die sich dann | |
auch in den Rollenprofilen spiegeln würde." | |
Die Vorsitzende des Bundesverbands Casting weiß, dass man hierzulande "die | |
Offenheit aller an der Produktion Beteiligten" braucht, "um einen Farbigen | |
für eine Serienhauptrolle zu besetzen". Im Falle von Sheri Hagen, die bald | |
eine Rechtsanwältin in einer Sat.1-Serie spielen wird, ist es ihr gelungen, | |
selbstverständlich sei dies jedoch nicht. | |
Hinter vorgehaltener Hand hört man immer wieder, dass es kaum gute schwarze | |
Charakterdarsteller in Deutschland gibt, die einen Film tragen können. | |
Öffentlich will sich dazu niemand äußern - außer Anja Dihrberg: "Wenn man | |
in Deutschland einen Farbigen für eine tragende Rolle sucht, ist man mit | |
seinen Möglichkeiten schnell am Ende. Da es wenige Rollenprofile für | |
farbige Darsteller gibt, haben sie auch kaum die Chance, ihre Fähigkeiten | |
und Talente unter Beweis zu stellen und auszubauen." | |
"Das Kleine Fernsehspiel", Renommierobjekt des ZDF, arbeitet häufig mit | |
schwarzen Autoren, Regisseuren und Schauspielern zusammen - ist also eine | |
Ausnahme. Für "Transfer" von Damir Lukacevic sucht man derzeit nach zwei | |
jungen schwarzen Darstellern - und ist bisher nicht fündig geworden, sodass | |
man das Casting nach England, Frankreich und Südafrika ausgeweitet hat. | |
"Weil es sich jeweils um eine Doppelrolle mit besonderen Ansprüchen ans | |
Handwerk handelt, wäre die Suche auch unter weißen Kollegen schwierig | |
geworden", beschwichtigt ZDF-Redakteur Christian Cloos. | |
"Transfer" spielt zwischen der Ersten und der Dritten Welt, der ethnische | |
Hintergrund der Figuren ist also wichtig für die Geschichte. Meist ist er | |
es nicht, wird aber trotzdem thematisiert. Auch Tyron Ricketts, bekannt aus | |
der ZDF-Serie "Soko Leipzig", hat Erfahrungen mit klischeehaften | |
Drehbüchern gemacht: "Ich verstehe nicht, warum Schwarze im deutschen | |
Fernsehen immer ein Saxofon unterm Arm tragen müssen." Weil er sich aber | |
bemüht, mit den Verantwortlichen darüber ins Gespräch zu kommen, hat er | |
immer wieder festgestellt, dass "meistens kein böser Wille" dahintersteckt, | |
"sondern bloß Unreflektiertheit". | |
20 Aug 2007 | |
## AUTOREN | |
David Denk | |
David Denk | |
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Racial Profiling | |
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