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# taz.de -- Freigelassener Soziologe: Der Terror-Verdacht bleibt
> Die Bundesanwaltschaft hat gegen die Haftbefehl-Aussetzung für Andrej H.
> Beschwerde eingelegt. Sie verdächtigt ihn weiter, Mitglied der
> "Militanten Gruppe" zu sein.
Bild: "Andrej H. steht weiter im Verdacht": Gebäude der Bundesanwaltschaft in …
"Andrej H. steht weiter im Verdacht, Mitglied in einer terroristischen
Vereinigung zu sein", betonte gestern ein Sprecher der Bundesanwaltschaft.
"Der Haftbefehl gegen ihn wurde nur ausgesetzt, nicht aufgehoben." Doch
selbst gegen dieses kleine Zugeständnis legte die Behörde umgehend
Beschwerde ein.
Der promovierte Soziologe H. war Ende Juli unter dem Verdacht festgenommen
worden, Mitglied der militanten gruppe (mg) zu sein, die in den vergangenen
Jahren regelmäßig Brandanschläge in und um Berlin verübte. Am Freitag
sollte auf Antrag seiner Anwältin Christina Clemm in Karlsruhe beim
Bundesgerichtshof eine Haftprüfung stattfinden. Doch BGH-Ermittlungsrichter
Ulrich Hebenstreit verzichtete auf die mündliche Verhandlung und setzte den
Haftbefehl gegen Auflagen und die Zahlung einer Kaution schon gestern außer
Kraft.
Die Aussetzung der U-Haft ist laut Gesetz möglich, wenn "weniger
einschneidende Maßnahmen" gegen die Fluchtgefahr getroffen werden können.
Die Bundesanwaltschaft wies gestern allerdings darauf hin, dass der
Haftbefehl auch mit Terrorverdacht begründet wurde. Laut Gesetz sind bei
Terrorverdacht keine weiteren Haftgründe wie Flucht- oder
Verdunkelungsgefahr erforderlich. Hier ist nur das Prinzip der
Verhältnismäßigkeit zu beachten.
Mit der Beschwerde der Bundesanwaltschaft befasst sich zunächst Richter
Hebenstreit. Wenn er den Haftbefehl nicht wieder in Kraft setzt, muss der
3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs unter Vorsitz von Richter Klaus
Tolksdorf entscheiden.
Die drei übrigen Inhaftierten, Florian L., Oliver R. und Axel H., sind nach
wie vor in Haft. Hier haben die Anwälte auch noch keinen Antrag auf
Haftprüfung gestellt. Sie wollen am Wochenende das weitere Vorgehen
beraten. Die drei waren Ende Juli in Brandenburg festgenommen worden, als
sie versuchten, Bundeswehr-LKWs anzuzünden. Auch ihnen wird
mg-Mitgliedschaft vorgeworfen.
Offiziell wird der Verdacht gegen den Soziologen H. damit begründet, dass
er sich zweimal konspirativ mit Florian L. getroffen habe. Aus den Akten
ergibt sich nach Angaben der Anwälte aber, dass die Verdachtschöpfung genau
andersherum verlief. Zunächst wurde gegen den Stadtsoziologen ermittelt,
weil er zu Themen forscht, die auch in Bekennerschreiben der mg erwähnt
wurden (siehe taz vom 22.8.), dann erst gerieten die späteren mutmaßlichen
Brandstifter in den Blick und wurden ebenfalls überwacht.
Drei Freunde von Andrej H., deren Wohnungen Ende Juli ebenfalls durchsucht
wurden, stehen nach ihrer eigenen Wahrnehmung immer noch unter
Rund-um-die-Uhr-Überwachung. In einer Erklärung des Solidaritätsbündnisses
für die Inhaftierten, werden der Polizei schwere Vorwürfe zum Ablauf der
Verhaftung in Brandenburg gemacht. Florian L. soll angeschnallt auf dem
Beifahrersitz von einem Polizisten geprügelt worden sein, weil er nicht
schnell genug ausgestiegen ist.
24 Aug 2007
## AUTOREN
Christian Rath
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BGH zu Terrorverdacht: Haftbefehl gegen Andrej Holm rechtswidrig
Gegen den Berliner Stadtsoziologen, der verdächtigt wurde, Mitglied der
"militanten gruppe" zu sein, besteht nach Ansicht des BGH kein dringender
Tatverdacht.
Kommentar: Die Akten gehören öffentlich gemacht
Der Terrorismusvorwurf gegen Andrej H. bleibt im Raum. Eine Rehabilitierung
kann es nur geben, wenn die Akten und das ihnen zugrunde liegende Konstrukt
öffentlich gemacht werden.
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