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# taz.de -- Rudolf Steiner: Diese Waldorfs!
> Wer seine "Ich-Wesenheit" zu wenig entwickelt hat wird zum "Neger" -
> befand Rudolf Steiner. Womöglich sollen einige seiner Schriften nun auf
> den Index.
Bild: Nicht immer den Durchblick behalten: Rudolf Steiner.
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in Bonn klärt ab, ob zwei
Schriften von Rudolf Steiner auf den Index kommen. Das Prüfungsergebnis
wird am 6. September verkündet, sagt Behördensprecherin Petra Meier.
Es handelt sich um die Vortragsmanuskripte des Vaters der Waldorfpädagogik
unter den Titeln "Geisteswissenschaftliche Menschenkunde" und "Die Mission
einzelner Volksseelen im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen
Ideologie" aus den Jahren 1909 beziehungsweise 1910.
Über Afrikaner heißt es darin: "Diejenigen Menschen aber, die ihre
Ich-Wesenheit zu wenig entwickelt hatten, die den Sonneneinwirkungen zu
sehr ausgesetzt waren, sie waren wie Pflanzen: Sie setzten unter ihrer Haut
zu viele kohlenstoffartige Bestandteile ab und wurden schwarz. Daher sind
die Neger schwarz." An anderer Stelle spricht Steiner von "der ganz
passiven Negerseele, die völlig der Umgebung angepasst ist".
Über die sogenannte weiße Rasse heißt es bei Steiner: "Nur diejenigen,
welche imstande waren, die Balance zu halten in Bezug auf ihr Ich, das
waren die, welche sich in die Zukunft hinein entwickeln konnten." Die
sogenannte kaukasische Rasse beschreibt Steiner als "auf die Sinne hin
organisiert". Und Asiaten seien "passive, hingebungsvolle Naturen [] Die
Bevölkerung wird dadurch träumerisch. Der Ätherleib dringt sehr tief in den
physischen Leib ein."
Den Prüfauftrag hat das Bundesfamilienministerium von Ursula von der Leyen
(CDU) ausgelöst. "Ein Bürger hatte uns gegenüber seine Sorge zum Ausdruck
gebracht, dass dies jugendgefährdende Schriften seien," sagt ihr Sprecher
Marc Kinert. "Wir waren deshalb gesetzlich verpflichtet, einen Prüfauftrag
an die Bundesprüfstelle zu stellen." Dem Auftrag hat das Ministerium zwei
Gutachten beigefügt.
Gutachterin Jana Husmann-Kastein von der Berliner Humboldt-Universität
weist nach, dass die beiden Steiner-Schriften Thesen zur unterschiedlichen
Wertigkeit von "Menschenrassen" enthalten, die sein Schüler Ernst Uehli
übernommen hat. Uehlis Werk "Atlantis und das Rätsel der Eiszeitkunst", das
1936 erschien, sollte im Jahre 2000 auf den Index gestellt werden. Das Buch
war bis dahin in Waldorfschulen als Literatur für Lehrer empfohlen worden.
Nach dem Indizierungsantrag hatte der Verlag das Buch seinerzeit
zurückgezogen. Husmann-Kastein, die sich in ihrer Dissertation mit Steiners
esoterischen Rassentheorien beschäftigt, legt den Bundesprüfern die
Schlussfolgerung nahe, wenn man Uehli indizieren wollte, dann gehörten auch
die Steiner-Werke auf den Index.
Der zweite Gutachter, der ausgebildete Waldorflehrer Andreas Lichte, kommt
zu dem Schluss, dass im Geschichtsunterricht der Waldorfschulen Steiners
esoterische Evolutionslehre noch unterrichtet werde. Diese enthalte, so
Lichte, "zweifelsohne rassistische Momente".
Detlef Hardorp, bildungspolitischer Sprecher der Waldorfschulen in Berlin
und Brandenburg, hält eine Indizierung für nicht gerechtfertigt. "Steiner
nutzt in den Schriften teilweise ein Vokabular, was heute so nicht mehr
benutzt wird." Würde man heute an Waldorfschulen so sprechen, ginge das
nicht mehr, räumt Hardorp ein. "Aber das tun wir ja nicht. Ich folge
übrigens Steiner, der später erklärte, dass der Rassenbegriff aufhören
würde, eine jegliche Bedeutung zu haben." Doch um das Jahr 1900 wäre der
Begriff der fünf anthropologischen Grundrassen Zeitgeist gewesen.
Werden die Steinerschen Vorträge als jugendgefährdend indiziert, müssen die
Schriften aus öffentlichen Bibliotheken und Schulen verschwinden und dürfen
nur an über 18-Jährige verkauft werden. "Wenn Steiner indiziert wird, dann
müssten in der Folge wahrscheinlich ganze Bibliotheken auf den Index
gesetzt werden", gibt sich Hardorp überzeugt. Die Website der
Waldorfpädagogen verweist auf eine Studie von Christian Pfeiffer vom
Kriminologischen Forschungsinstitut in Niedersachsen. Die bescheinigt den
Waldorfschülern besonders geringe Neigungen zu Fremdenfeindlichkeit und
Rechtsextremismus.
23 Aug 2007
## AUTOREN
Marina Mai
Marina Mai
## TAGS
NPD
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