# taz.de -- Kommentar: Fingerspitzengefühl erforderlich | |
> Verdrängen junge polnische Fachkräfte alte Ingenieure aus Deutschland? | |
> Die Frage ist berechtigt, und deshalb kann man den Zuzug zunächst | |
> beschränken. Aber mit Bedacht. | |
Erstaunlich konkret klang der Vorschlag: Möglichst schon von diesem Herbst | |
an soll der Zuzug von Elektro- und Maschinenbauingenieuren aus den | |
EU-Beitrittsländern in Osteuropa erleichtert werden, so lautete gestern ein | |
Ergebnis der Kabinettsklausur in Meseberg. Der Markt für ArbeitnehmerInnen | |
würde damit für bestimmte Berufe aus der akademischen Mittelschicht | |
Richtung osteuropäische EU-Länder geöffnet. Das ist neu. | |
Ingenieure sind damit zwar nicht die ersten akademischen ArbeitnehmerInnen, | |
die aus Osteuropa nach Deutschland kommen. Bislang schon arbeiten etwa in | |
den neuen Bundesländern polnische Ärzte an deutschen Krankenhäusern. Hier | |
prüfen die Jobagenturen im Einzelfall, ob sich nicht ein deutscher Arzt | |
findet, der bereit ist, in Angermünde oder Guben das Skalpell zu führen. | |
Für Ingenieure bestimmter Fachrichtungen soll diese Vorprüfung entfallen. | |
Dann könnten hiesige Firmen etwa mit Internetportalen im großen Stil | |
IngenieurInnen aus Polen oder Tschechien anwerben. Die soziale Frage hinter | |
dem Vorstoß lautet: Werden Firmen dann von vornherein jüngere | |
Maschinenbauer aus Polen holen - statt etwa hiesige Fachkräfte zu gewinnen, | |
indem man Ingenieurinnen Teilzeitstellen anbietet oder ältere arbeitslose | |
Ingenieure noch zum Vorgespräch bittet? Wie stark wird die Verdrängung | |
sein? Die Frage ist berechtigt, die Politik braucht dafür | |
Fingerspitzengefühl, und es ist angemessen, die Freizügigkeit erst mal auf | |
bestimmte Ingenieurbereiche zu beschränken. Eine Antwort auf die | |
Verdrängungsfrage aber lässt sich jetzt schon schwerlich finden. | |
Schließlich klagen die Firmen darüber, dass sich die erwerbslose Klientel | |
in den Karteien der Jobcenter einfach zu sehr von dem unterscheidet, was | |
die Arbeitgeber brauchen und wollen. Dieses Problem lässt sich nicht lösen, | |
indem man die Grenzen dicht hält. Das hierzulande immer noch gern | |
verbreitete Image der Polen als Schwarzarbeiter, billige Schlachthelfer | |
oder ungelernte Pflegekräfte jedenfalls dürfte sich durch die | |
Akademisierung der Migration wandeln. Und das ist gut. | |
BARBARA DRIBBUSCH | |
24 Aug 2007 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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