# taz.de -- Landesbanken: Spekulative Wut | |
> Die Liberalisierung des öffentlichen Bankensektors hat aus behäbigen | |
> Staatsbanken wilde Zocker gemacht. Doch die Rechnung für die | |
> Spekulationen zahlte der Steuerzahler. | |
Bild: Mal eben beim Zocken verloren: Die Sächsische Landesbank | |
BERLIN taz Es waren einmal behäbige öffentliche Finanzinstitute, die | |
dienten als Haus- und Förderbanken für ihr jeweiliges Bundesland und als | |
eine Art Zentralbank für die Sparkassen der Region. Neuerdings aber | |
verbindet man mit dem Begriff Landesbanken etwas ganz anderes: zockende | |
Banker, die Milliarden auf den Weltfinanzmärkten verspielen. Was ist | |
geschehen? | |
Vor der Sachsen LB hatten sich schon andere Landesbanken total | |
verspekuliert. Besonders berüchtigt: die Berliner Bankgesellschaft, zu der | |
auch die Landesbank Berlin gehört. Als sie mit windigen Immobilienfonds auf | |
die Nase fiel, musste das ohnehin schon klamme Land Berlin mit Subventionen | |
in Höhe von 1,8 Milliarden Euro und zusätzlichen Garantien über 21,6 | |
Milliarden Euro einspringen. Die EU verfügte daraufhin den Verkauf der | |
Bankgesellschaft - sie gehört neuerdings dem Sparkassen- und Giroverband. | |
Die juristische Aufarbeitung des Falls dauert an. | |
2003 machte die nordrhein-westfälische WestLB Schlagzeilen, als eine | |
Tochter in London 1,7 Milliarden Euro verlor. Und damit nicht genug: | |
Derzeit werden die Verluste der WestLB aus dem Eigenhandel, also den | |
Spekulationsgeschäften auf eigene Rechnung, mit 240 Millionen Euro | |
beziffert. Unter anderem hatte sie sich mit VW-Aktien verzockt, auf dem | |
kriselnden US-Hypothekenmarkt ist sie ebenfalls engagiert. | |
Hintergrund dieser Spekulationswut ist die von der EU-Kommission | |
angeordnete Marktliberalisierung, die den ungleichen Wettbewerb zwischen | |
staatlichen und privaten Banken beenden sollte. Früher standen die | |
jeweiligen Bundesländer als Bürgen hinter ihren Landesbanken. Diese galten | |
deshalb als besonders kreditwürdig und konnten sich Geld zu sehr günstigen | |
Konditionen besorgen, auch ohne größeres Eigenkapital. Das aber, so das | |
Urteil aus Brüssel, sei ein unfairer Wettbewerbsvorteil gegenüber den | |
privaten Geschäftsbanken. Vor zwei Jahren endete die so genannte | |
Gewährträgerhaftung der Länder. | |
Die Landesbanken müssen nun auf eigenen Beinen stehen und sich gegen die | |
anderen Großbanken behaupten. In Deutschland aber gibt es eine viel größere | |
Zahl Banken als in anderen Industrieländern. Die liefern sich einen | |
gnadenlosen Wettbewerb und das drückt auf die Gewinnmargen. Offenbar sahen | |
viele der Landesbankmanager ihre Chance daher nicht im klassischen | |
Bankgeschäft, in Kontoverwaltung und Kreditvergabe, und schon gar nicht in | |
Dienstleistungen für die popeligen Sparkassen oder in der langweiligen | |
Finanzierung der Strukturpolitik der Länder - sondern in den großen Deals | |
auf den internationalen Finanzmärkten. | |
Die sind zwar potenziell lukrativ, aber auch höchst riskant. Schon 2004 | |
hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach | |
Informationen des Spiegels bei einer Überprüfung der Sachsen LB | |
festgestellt, dass die Bank mit Summen spekulierte, die sich fast auf das | |
20fache ihres Eigenkapitals beliefen. Anscheinend konnten die | |
Finanzaufseher aber in Zeiten des Börsenbooms darin nichts Schlimmes | |
erkennen. Eingegriffen haben sie nicht. Jetzt wird sich auch die BaFin | |
fragen lassen müssen, ob sie ihrer Rolle als Wachhund überhaupt nachkommt. | |
Die Landesbanken selbst, die sich stets nur auf das Urteil von privaten | |
Rating-Agenturen wie Moodys verlassen hatten, sind dem Risikomanagement | |
jedenfalls wohl nicht gewachsen. | |
"Die aktuellen Probleme bei der Sachsen LB sind ein Signal, dass zumindest | |
kleine Landesbanken an den internationalen Kapitalmärkten überfordert | |
sind", urteilt der Bankenprofessor Hans-Peter Burghof von der Universität | |
Hohenheim. "Bei den Landesbanken muss sich dringend etwas tun in Sachen | |
Zusammenlegung." Für einen ersten Schub sorgte das Auslaufen der | |
Staatshaftung. 2003 fusionierten die Landesbanken Hamburg und | |
Schleswig-Holstein zur HSH Nordbank. 2005 schluckte die Landesbank | |
Baden-Württemberg (LBBW) die Landesbank Rheinland-Pfalz. Die in Hannover | |
ansässige Nord/LB soll versucht haben, mit der HSH Nordbank anzubandeln. | |
Die kleine Landesbank Bremen gehört schon mehrheitlich zur Nord/LB und die | |
SaarLB zur BayernLB. | |
Nun erwägt die angeschlagene WestLB ein Zusammengehen mit der LBBW. Die | |
regionalen Sparkassen, die die Mehrheit der Anteile an der WestLB halten, | |
befürworten die Fusion. Die nordrhein-westfälische Landesregierung stellte | |
sich jedoch am Freitag auf einmal quer, weil sie Arbeitsplatzabbau und | |
einen Prestigeverlust für den Finanzplatz Düsseldorf fürchtet. | |
Dennoch wächst der Druck zur Konsolidierung. Bundesfinanzminister Peer | |
Steinbrück (SPD), der für ein Finanzinstitut plädiert, das "in der | |
Champions League mitspielen" könne, macht sich dafür ebenso stark wie der | |
Präsident des Sparkassenverbandes, Heinrich Haasis. Der will den | |
öffentlich-rechtlichen Bankensektor so weit stabilisieren, dass gar niemand | |
auf die Idee kommt, dieser müsse für den Privatsektor geöffnet werden. Nach | |
dem Verkauf der Sachsen LB an die LBBW bleiben ohnehin nur noch 7 | |
eigenständige Landesbanken von ursprünglich 12 übrig. Am Ende könnten es | |
womöglich nur noch 2 sein. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hegt | |
nach Informationen des Focus schon konkrete Pläne, wie er die Stuttgarter | |
fernhalten kann: durch den Zusammenschluss zu einer Nord-Gruppe unter | |
Führung der WestLB mit Nord/LB, HSH Nordbank und Berliner Bankgesellschaft | |
und zu einer Süd-Gruppe bestehend aus LBBW und Sachsen LB, BayernLB und der | |
Landesbank Hessen-Thüringen. | |
27 Aug 2007 | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
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