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# taz.de -- EU: Dem Krach geht es an den Kragen
> Die EU will die Geräuschbelastung in Städten eindämmen. Dafür müssen
> Umgebungslärm-Karten erstellt werden - doch die Länder lassen sich Zeit.
Bild: Ruhe bitte! Dafür soll eine neue EU-Richtlinie sorgen
Brausender Verkehr, dröhnende Musik, dumpfe Presslufthammer bewirken einen
ständigen Geräuschpegel. Wie laut genau die 30 größten Städte in
Deutschland sind, ermitteln die einzelnen Kommunen derzeit - verspätet.
Denn nach der EU-Umgebungslärmrichtlinie hätten sie schon zum 30. Juni
fertige Lärmkarten erstellt haben sollen. Allerdings ärgern sich
Umweltexperten weniger über die Verzögerung als darüber, dass nicht
standardisiert ist, wie die Daten erhoben und ausgewertet werden sollen.
"Dadurch ist der Erfolg der ganzen Richtlinie gefährdet", sagt Matthias
Hintzsche vom Umweltbundesamt (UBA).
Die Umgebungslärmrichtlinie hat das Ziel, "schädliche Auswirkungen,
einschließlich Belästigung, durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen
vorzubeugen oder sie zu mindern". Denn die andauernde Attacke auf die Ohren
kann schwerwiegende Gesundheitsschäden auslösen. Der
Weltgesundheitsorganisation zufolge sterben jährlich Zehntausende Menschen
vorzeitig an den Folgen von Lärmbelastung. Allein die Dauerbeschallung mit
Verkehrslärm ist für 3 Prozent aller tödlichen Herzanfälle in Europa
verantwortlich. Ganz abgesehen von Hörschäden und Schlafstörungen.
Trotzdem ist die Lärmkartierung insgesamt Neuland. Noch kein
EU-Mitgliedsland hat seine Karten beisammen. Am langsamsten kommen die
osteuropäischen Staaten voran. "Bemüht sind alle, das Know-how haben aber
nur wenige", sagt Hintzsche.
So gibt es auch in Deutschland bislang nur Vorab-Versionen von Berlin,
Hamburg, aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz. Auf der Homepage der Stadt
Hamburg etwa kann man vier Karten anschauen, ein eigenes Portal mit
"Adressen-Suchfunktion, Siedlungsstrukturen und Gebäudeumrissen" ist in
Arbeit.
Bis zum Jahresende muss jeder Mitgliedstaat der Europäischen Kommission nun
melden, wie intensiv die Lärmbelästigung in den Ballungsgebieten mit mehr
als 250.000 Einwohnern, an den größten Hauptverkehrs- und
-eisenbahnstrecken sowie an Großflughäfen ist.
In Phase zwei der Richtlinie werden bis Mitte 2008 Aktionspläne
ausgearbeitet, in denen Maßnahmen festgelegt werden, um den Umgebungslärm
zu reduzieren. Nach Vorstellungen der EU-Kommission soll die Bevölkerung
dabei mithelfen. Entscheiden die jeweiligen Behörden sich dagegen, müssen
sie das in Brüssel begründen.
Die Europäische Akademie für städtische Umwelt (EAUE) will die Kommunen bei
der Aufstellung der Pläne beraten. Als Orientierungshilfe hat sie einen
Leitfaden herausgebracht. Darin gibt es unter anderem das Modell einer
"Silent City", einer leisen Stadt. An ihrem Beispiel zeigt die EAUE, wie
lärmmindernde Maßnahmen umgesetzt werden können. "Die Möglichkeiten hierfür
lassen sich an einer Hand abzählen", meint EAUE-Experte Hanns-Uve
Schwedler: "den Verkehr großräumig umverteilen, offenporigen Asphalt beim
Straßenbau verwenden sowie Nachtfahrverbote für Lkws und
Geschwindigkeitsbegrenzungen festlegen." Ideal sei die "autofreie Stadt".
Die Akademie schlägt deshalb vor, die Fahrradwege und die öffentlichen
Verkehrsmittel auszubauen. Nur: "Den Kommunen fehlt das Geld, und extra
Subventionen für die Umsetzung der Lärmrichtlinie gibt es auch nicht von
den Ländern", sagt Schwedler.
UBA-Spezialist Hintzsche kritisiert, dass die Richtlinie keine Standards
vorgibt. In Deutschland kann jedes Bundesland selbst entscheiden, wer die
Daten berechnet und auswertet. Teilweise übernehmen die Aufgabe die
Landesumweltämter wie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen. In
Mecklenburg-Vorpommern unterstützt das Landesamt seine Kommunen. Dort
werden die Daten zentral ausgewertet. Woanders sind kleinere Behörden
zuständig. "Diesen fehlt oftmals das Grundwissen auf diesem Gebiet", meint
Hintzsche. Unter der föderalen Vielfalt leide am Ende der Bürger, denn so
seien die Daten verschiedener Städte nicht vergleichbar.
30 Aug 2007
## AUTOREN
Julia Langensiepen
## TAGS
Hamburg
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