# taz.de -- Tierversuche: "Niemand darf Tieren ohne Grund weh tun" | |
> Versuche mit Tieren würden nur genehmigt, wenn es gar nicht anders ginge | |
> und es zudem ethisch vertretbar sei, sagt Heidemarie Ratsch vom Landesamt | |
> für Gesundheit und Soziales. | |
Bild: Das ist keine Mastanlage | |
taz: Nach welchen Kriterien genehmigen Sie Versuche? | |
Heidemarie Ratsch: Die Prüfkriterien sind vom Tierschutzgesetz vorgegeben. | |
Danach muss der Versuch insbesondere unerlässlich und ethisch vertretbar | |
sein. | |
Was heißt das? | |
Unerlässlich heißt, dass das Versuchsziel nur mit Hilfe eines Tierversuchs | |
erreicht werden kann, es also keine Alternative zum Tierversuch gibt. | |
Unerlässlich heißt aber auch, dass nicht mehr Tiere eingesetzt werden, als | |
für die Erreichung des Ziels erforderlich ist, und dass den Tieren nicht | |
mehr Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, als für den verfolgten | |
Zweck unerlässlich ist. Es müssen außerdem Maßnahmen ergriffen werden, um | |
die Belastungen der Tiere auf ein Minimum zu reduzieren, zum Beispiel durch | |
Gabe von Schmerzmitteln oder frühzeitigen Abbruch der Versuche. | |
Was ist ethisch vertretbar? | |
Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder | |
Schäden zufügen. Erkenntnisse, die nur auf der Grundlage erheblicher | |
Schmerzen, Leiden oder Schäden von Tieren gewonnen werden können, sind | |
ethisch nicht vertretbar. In solchen Fällen muss möglicherweise auf | |
Erkenntnisgewinn verzichtet werden. | |
Können Sie das Ausmaß der Schmerzen vorher beurteilen? | |
Das können wir aufgrund des eingereichten Antrags in der Regel gut | |
einschätzen. Schwieriger wird es bei der Frage, ob der Versuch ethisch | |
vertretbar ist. Hier bedienen wir uns unter anderem des Sachverstandes der | |
Tierversuchskommission, die uns bei der Genehmigung von Tierversuchen | |
berät. In dieser Kommission sind Wissenschaftler verschiedener | |
Forschungsrichtungen, Vertreter der Tierschutzorganisationen sowie | |
Philosophen mit dem Spezialgebiet Tierethik. | |
Glauben Sie, dass Alternativmethoden dazu beitragen, dass künftig weniger | |
Tiere verbraucht werden? | |
Das glaube ich sicher, auch wenn sich das in Berlin noch nicht in | |
zurückgehenden Versuchstierzahlen niederschlägt. Das hat jedoch mehr mit | |
der Wissenschaftsstruktur Berlins zu tun, da die Stadt einen Schwerpunkt in | |
der Grundlagenforschung und der angewandten klinischen Forschung hat. | |
Alternativen zu Tierversuchen kommen jedoch eher im Zusammenhang mit | |
Prüfverfahren in der Arzneimittelforschung und der Entwicklung und Prüfung | |
von Chemikalien zum Tragen. | |
Gibt es Bereiche, wo an Tieren geforscht wird und Sie nichts davon | |
mitbekommen? | |
Nein. Alle Eingriffe und Behandlungen an Wirbeltieren sind vorher | |
anzuzeigen. Alle Einrichtungen, in denen Versuche an Wirbeltieren | |
durchgeführt werden, müssen außerdem einen oder mehrere | |
Tierschutzbeauftragte bestellen. | |
2 Sep 2007 | |
## AUTOREN | |
Sven Kulka | |
## TAGS | |
Tierethik | |
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