# taz.de -- Feinstaub-Urteil: "Die Städte werden handeln" | |
> Nach dem Grundsatz-Urteil zum Schutz gegen Feinstaub sieht | |
> Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch gute Chancen für Fahrverbote. Für den Fall, | |
> dass die Politik untätig bleibt, kündigt er weitere Klagen an. | |
Bild: "Es reicht nicht mehr, wenn Gemeinden schwammige Aktionspläne erstellen." | |
taz: Herr Resch, am Donnerstag hat das Bundesverwaltungsgericht | |
festgestellt, dass Bürger Anspruch auf saubere Luft haben. Was heißt das | |
konkret? | |
Jürgen Resch: Jetzt ist klar, dass jeder betroffene Bürger von seiner | |
Gemeinde Schutz vor Feinstaub einfordern kann. Wenn die Gemeinde nichts | |
tut, kann er das vor Gericht überprüfen und durchsetzen. Und es reicht | |
nicht mehr, wenn Gemeinden schwammige Aktionspläne erstellen. Jetzt müssen | |
sie konkret und auch kurzfristig geeignete Maßnahmen treffen. | |
Was wäre denn eine geeignete Maßnahme? | |
Verkehrslenkung. Das Bundesverwaltungsgericht hat gesagt, dass die | |
weiträumige Umleitung des Schwerlastverkehrs geeignet wäre. Weniger | |
gravierende Eingriffe, etwa Fahrverbote für Autos ohne Partikelfilter, sind | |
dann erst recht geeignet. Diese werden dann nicht nur für besonders | |
belastete Straßen gelten, in denen die Kläger wohnen, sondern weiträumig. | |
Ab 2008 werden die ersten Umweltzonen die schlimmsten Stinker aussperren. | |
Ist das Problem damit gelöst? | |
Nein. Dafür gibt es zu viele Ausnahmen, und es sind anfangs zu wenige | |
Fahrzeuge ausgesperrt. Die Umweltzonen müssen schneller kommen als geplant, | |
und sie müssen verschärft werden. Wenn die bisher vorgesehenen Maßnahmen | |
nicht reichen, dann werden wir vor den Gerichten durchsetzen, dass schon | |
2008 an bestimmten Tagen nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette in den | |
Innenstädten fahren, also die mit dem geringsten Schadstoffausstoß. | |
Viele Gemeinden fühlen sich von dem Urteil überfordert. Der Städtetag | |
fordert, auch die Bundespolitik müsse aktiv werden. | |
Richtig so. Es reicht ja nicht, in den Gemeinden die Symptome des Problems | |
zu bekämpfen. Wir müssen auch an die Ursachen ran. Die leichten | |
Nutzfahrzeuge sind das größte Problem. Wir brauchen steuerliche Anreize, | |
deren Motoren mit Partikelfiltern auszurüsten. Hier ist die Bundesregierung | |
gefordert. | |
Sie haben weitere Klagen angekündigt. Was wollen Sie noch erreichen? | |
Wir suchen weiter geeignete Kläger in anderen deutschen Städten und wollen | |
so das Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts praxistauglich machen. | |
Das wird uns weitere Rechtsklarheit geben und konkrete Verpflichtungen für | |
die Städte benennen. Ich bin jedoch bester Hoffnung, dass die Städte jetzt | |
von sich aus handeln werden, weil sie sich vor Gericht nicht noch einmal | |
eine blutige Nase holen wollen. | |
Sie setzen vor Gericht durch, was Politiker eigentlich von sich aus machen | |
müssten. Warum ist dieser Zwang nötig? | |
Ich beobachte einen erschreckenden Rückzug des Staates von der Kontrolle | |
der Einhaltung von Umweltgesetzen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts | |
ist darum auch ein Debakel für die Bundes- und Landespolitik. Diese hat | |
versäumt, bei der Umsetzung der Feinstaubregeln Sanktionen für Kommunen | |
vorzusehen, die den Bürgern ihr Recht auf saubere Luft verweigern. | |
29 Sep 2007 | |
## AUTOREN | |
Nikolai Fichtner | |
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