# taz.de -- Wirtschaftskriminalität in Deutschland: Sechs Millarden Schaden | |
> Die Hälfte aller deutschen Firmen sind von Korruption, Unterschlagung, | |
> Diebstahl und Urkundenfälschung betroffen. Geahndet werden Straftaten vor | |
> allem im mittleren und unteren Management. | |
Bild: "So gut wie alle sind betroffen", glaubt Strafrechtler Kai Bussmann. | |
FRANKFURT taz Wirtschaftskriminelle Handlungen verursachen bei Unternehmen | |
in Deutschland einen nachweisbaren Schaden von mehr als sechs Milliarden | |
Euro pro Jahr. Das jedenfalls ist das Ergebnis einer globalen Studie von | |
TNS Emnid und der Universität Halle-Wittenberg im Auftrag der | |
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PWC), die am Montag | |
vorgestellt wurde. | |
2007 sind danach knapp 50 Prozent aller Firmen in Deutschland von | |
Korruption, Unterschlagung, Diebstahl im großen Stil oder | |
Urkundenfälschungen geworden; drei Prozent mehr als im Vorjahr. Und weil | |
die Dunkelziffer "zwar unbekannt, aber mutmaßlich außerordentlich hoch" | |
sei, so der Strafrechtler und Kriminologe Kai Bussmann, könne davon | |
ausgegangen werden, dass fast kein Unternehmen von Kriminalität verschont | |
bleibe. "So gut wie alle sind betroffen!", zeigte sich Bussmann überzeugt. | |
Gerade bei global agierenden Konzernen sei der Schaden besonders groß - | |
nicht nur der materielle. Das Image leide mit. Und deshalb kommen | |
kriminelle Topmanager oft ungeschoren davon. Bei Korruptionsdelikten | |
schalteten deutsche Unternehmen nämlich nur in jedem zweiten Fall die | |
Staatsanwaltschaft ein, referierte Projektleiter Steffen Salvenmoser. Bei | |
Industriespionage und Produktpiraterie sowie Unterschlagung und Betrug | |
werde dagegen schon häufiger die Polizei gerufen. | |
Insgesamt müssen die Topmanager in Deutschland deutlich seltener mit einer | |
Strafanzeige rechnen als Beschäftigte unterhalb der Führungsebene. 23 | |
Prozent der Firmen hätten angegeben, dass sie gegen Täter aus der oberen | |
Führungsebene in gut jedem fünften Fall auf Anzeige und Klage sowie interne | |
Sanktionen verzichteten. Kriminelle Handlungen des mittleren Managements | |
und anderer Mitarbeiter seien dagegen nur in fünf beziehungsweise drei | |
Prozent der Fälle für den Täter folgenlos. | |
Im internationalen Vergleich der Wirtschaftskriminalitätsrate liegt | |
Deutschland bei den westeuropäischen Ländern mit 49 Prozent vorne. Und auch | |
im globalen Vergleich schneidet Deutschland schlechter ab. Weltweit liegt | |
die Rate bei nur 43 Prozent - ohne die Berücksichtigung von Afrika. | |
Krimineller zu geht es ansonsten nur in den sogenannten Schwellenländern | |
China, Russland, Indien, Indonesien, Brasilien, Mexiko und der Türkei. Von | |
Emnid befragt wurden 5.428 Unternehmen in 40 Ländern. Damit, so PWC, sei | |
ihre Erhebung "die größte Studie weltweit". | |
Welche Gegenmaßnahmen kann ein Unternehmen treffen? Kriminalitätspräventive | |
Ethikrichtlinien einführen und im Unternehmen ein Kontrollsystem | |
einrichten, rät PWC, denn "jede zweite Straftat wird von den eigenen | |
Mitarbeitern begangen". Für PWC ist die Bekämpfung der | |
Wirtschaftskriminalität auch ein Markt. Für die Entwicklung entsprechender | |
Programme und Strategien sind bei den Beratern in der Abteilung | |
"Forensische Dienste" gleich 70 Spezialisten einsatzbereit. | |
15 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Peter Klingelschmitt | |
## TAGS | |
Dax-Unternehmen | |
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