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# taz.de -- Interview mit Hort-Erzieherin: Mehr Geld, mehr Freunde
> Der Freundeskreis, das Spielzeug, die Hobbys: Die finanziellen
> Verhältnisse der Eltern wirken sich schon früh auf ihre Kinder aus.
Bild: Außenseiter? "Das Portemonnaie trennt", meint eine Hort-Erzieherin.
taz: Frau Mesecke, Kinder aus besser gestellten Familien haben mehr Freunde
als solche, die aus armen Familien kommen, sagt die Kinderstudie. Stimmt
das?
Marianne Mesecke: Ja, das beobachte ich bei meiner Arbeit als Erzieherin
immer wieder. Zum einen haben Kinder aus wohlhabenderen Familien andere
Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen. Sie lernen ein Instrument in der
Musikschule oder nehmen Ballettunterricht. Außerdem achten die Eltern eher
darauf, soziale Netze ihres Nachwuchses zu stabilisieren.
Was bedeutet das?
Die Kinder lernen sich im privaten Kinderladen kennen, werden dann bei der
gleichen Schule angemeldet und die Eltern bitten darum, dass sie in eine
Klasse kommen. Wobei meine Beobachtung keineswegs allgemeingültig ist -
auch viele sozial schwächere Eltern kümmern sich stark um die Kontakte
ihrer Kinder.
Wie lernen sich Kinder kennen?
Bei ganz jungen Kinder läuft die Kontaktaufnahme ja sowieso über die
Eltern. Man findet sich sympathisch, unternimmt zusammen etwas, wechselt
sich mit der Beaufsichtigung ab und die Kinder spielen eben miteinander.
Ich arbeite im Hort mit 10- bis 12-Jährigen - in diesem Alter ist die
Peergroup, also die Gruppe Gleichaltriger, extrem wichtig. Kinder werben
sogar gezielt bei ihren Freunden dafür, auch unseren Hort zu besuchen.
Mischen sich Freundeskreise im Hort?
Selten. Das hängt sehr davon ab, welches Kind die Führungsposition innehat.
Einige wenige Gruppen haben sich in meinen 26 Berufsjahren als Erzieherin
geöffnet, viele bleiben aber starr - obwohl wir die Zusammenarbeit
anleiten. Wenn ich bessere Kinder darum bitte, Schwächeren bei den
Hausarbeiten zu helfen, habe ich auch schon gehört: Nö, die Zeit brauche
ich selbst. Das sind allerdings Einzelfälle.
Wie wichtig sind Äußerlichkeiten wie das Logo auf der Jacke?
Je älter die Kinder werden, desto wichtiger werden für einige materielle
Dinge für ihr Ansehen in der Gruppe. Bei den Jungs ist im Moment ein
Kartenspiel mit Fußballern sehr angesagt. Die Karten sind nicht billig, und
wenn ein Junge aus einer armen Familie ein Spiel verliert und viele Karten
abgeben muss, ist das ein richtiges Drama. Vielen Mädchen dagegen ist es
wichtig, dass überall eine Barbie drauf ist - auf der Zahnbürste, der
Jacke, dem Mäppchen.
Laut der Kinderstudie sind Äußerlichkeiten für Kinder aus unteren Schichten
wichtiger.
Tatsächlich kommt in höheren sozialen Schichten diese Art von Spielzeug -
nehmen wir die Barbiepuppe - seltener vor. Da haben die Eltern ihren
Kindern früh beigebracht, das Konsum für ihr Selbstwertgefühl nicht
entscheidend ist.
In Ihrem Hort spielen Kinder aus gut einem Dutzend Ethnien zusammen. Spielt
das bei der Freundessuche eine Rolle?
Neben der Spaltung durchs Portemonnaie gibt es auch die Spaltung durch die
Kulturen. Die Sprache ist entscheidend. Beim Essen oder bei den
Hausaufgaben sollen alle Deutsch sprechen, doch beim freien Spielen dürfen
die Kinder Türkisch, Arabisch oder andere Sprachen sprechen. Auch hier
kommt es ganz aufs Kind an. Manche sagen: Ey, sprecht mal Deutsch, ich will
mitspielen. Andere ziehen sich zurück.
INTERVIEW: ULRICH SCHULTE
24 Oct 2007
## TAGS
Kinder
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