# taz.de -- Freispruch erster Klasse: Andrej H. heißt wieder Holm | |
> Nach der Haftverschonung im August hebt der Bundesgerichtshof den | |
> Haftbefehl gegen den Berliner Soziologen auf. Drei weitere Beschuldigte | |
> sitzen noch. Die Bundesanwaltschaft ermittelt weiter. | |
Bild: Eindeutiges Urteil: Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe | |
So viel Einigkeit ist selten. "Mutmaßungen und Indizien" sind keine | |
Grundlage für einen Haftbefehl", freut sich der Chef der Linkspartei, Klaus | |
Lederer. Der grüne Fraktionsvorsitzende Volker Ratzmann sagt: "Das haltlose | |
Konstrukt hatte keinen Bestand." Die frühere grüne | |
Verbraucherschutzministerin Renate Künast spricht von einer "Ohrfeige für | |
die Generalbundesanwaltschaft". | |
Der, den all dies betrifft, sitzt derweil bei der Pressekonferenz seiner | |
Anwälte und freut sich. Seit dem gestrigen Mittwoch gibt es keinen | |
dringenden Tatverdacht mehr gegen ihn. Aus dem Berliner Soziologen Andrej | |
H. wird wieder Andrej Holm. Und der verlangt nun seine Rehabilitierung. | |
Schließlich tauchen im Internet, sagt er im taz-Interview, "vor meiner | |
fachlichen Expertise zwei Seiten Fallbeschreibung Andrej H. auf". | |
Holm hat gute Chancen, seinen Ruf wiederherzustellen. Denn der Fall Andrej | |
H. ist ein Fall Monika Harms geworden. "Bis zuletzt hat die | |
Generalbundesanwältin den Bundesgerichtshof mit neuen Expertisen | |
überhäuft", sagt Holms Anwältin Christina Clemm. Umsonst. Der | |
Bundesgerichtshof (BGH) hat nicht nur die Haftverschonung bestätigt, er hat | |
den Haftbefehl gegen Holm ganz aufgehoben. "Im Grunde haben die Richter | |
deutlich gemacht, dass dieser Haftbefehl von Anfang an nicht rechtens war", | |
sagt Clemm. | |
Lehren ziehen die Ermittler daraus allerdings keine. Seit Mittwoch stehen | |
19 Personen aus dem Umfeld von Holm und weitere drei Beschuldigte im Visier | |
der Bundesanwaltschaft. Sie wurden zu sogenannten Zeugenbefragungen | |
eingeladen. "Ziel ist es, das Umfeld auszuleuchten und nach weiteren | |
Kontaktpersonen zu suchen", sagt Rechtsanwalt Alain Mundt. Wer seine | |
Aussage verweigert, dem drohen bis zu sechs Monate Beugehaft. Am | |
Mittwochnachmittag haben 100 Menschen vor dem Sitz des Bundeskriminalamts | |
in Treptow gegen diese Form der "Einschüchterung" demonstriert. | |
Inzwischen hat der BGH signalisiert, dass er innerhalb der nächsten drei | |
Wochen über eine weitere Haftbeschwerde entscheiden will. Sie betrifft | |
Florian L., Axel H. und Oliver R., die der versuchten Brandstiftung | |
beschuldigt werden und als mutmaßliche Mitglieder der "militanten gruppe" | |
seit dem 1. August in Untersuchungshaft sitzen. | |
"Nach der gestrigen Entscheidung des BGH müssen auch die drei aus der | |
Untersuchungshaft entlassen werden", sagt L.s Anwalt Ulrich von | |
Klingengräff. "Auch bei ihnen gibt es keinen dringenden Tatverdacht der | |
Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung." Warum das so ist? | |
Auch da gibt es Einigkeit. "Eine Brandstiftung ist keine terroristische | |
Straftat", sagt der Chef des Republikanischen Anwaltsvereins, Wolfgang | |
Kaleck. | |
25 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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verlangt seine volle Rehabilitierung. |