# taz.de -- Kommentar Bahnprivatisierung: Lehrstück in Demokratie | |
> Obwohl die Bahnprivatisierung schon als beschlossene Sache galt, haben | |
> die Gegner die Stimmung gedreht - und letztlich mächtige Gegner wie | |
> SPD-Spitze in die Knie gezwungen. | |
Bild: Sieht seine Felle davonschwimmen: Bahnchef Mehdorn. | |
Noch ist offen, ob der SPD-Beschluss vom Wochenende tatsächlich schon den | |
"Sargnagel" für die Bahn-Privatisierung darstellt. Zwar deutet vieles | |
darauf hin, dass die zwingende SPD-Forderung nach Volksaktien eine Einigung | |
mit der Union unmöglich macht. Denn diese lehnt solche Aktien ohne | |
Stimmrecht, mit denen der Einfluss von Investoren auf die Bahnpolitik | |
verhindert werden soll, bisher strikt ab. | |
Ausgeschlossen ist ein Kompromiss dennoch nicht. Denn der Parteitag hat - | |
trotz entsprechender Stimmung unter den Delegierten - eben keinen Beschluss | |
gegen die Privatisierung gefasst. Er hat dieser zugestimmt - wenn auch | |
unter scharfen Bedingungen. Das allein ist schon ein großer Erfolg der | |
PrivatisierungsgegnerInnen. | |
Noch vor einem Jahr erschien der Börsengang der Bahn als beschlossene Sache | |
und jeder Protest sinnlos. Bahnchef-Mehdorn und seine treuen Vasallen der | |
Gewerkschaft Transnet drückten ihr Konzept durch und sicherten sich die | |
Unterstützung der Führungsspitzen von Union und SPD. Weil das Projekt | |
weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt wurde, spielte | |
die Meinung der Bevölkerung keine Rolle. Auch die meisten Medien | |
interessierten sich lange Zeit nur für finanzielle Details - nicht aber für | |
die Frage, warum die Bahn überhaupt privatisiert werden sollte. | |
Was dann folgte, war ein Lehrstück in Sachen Demokratie. Mit Engagement, | |
Fachwissen und Beharrlichkeit hat ein Bündnis aus Verkehrsexperten, | |
Umweltaktivisten, Gewerkschaftslinken und Globalisierungskritikern | |
innerhalb kurzer Zeit die Stimmung gedreht - und damit letztlich auch die | |
Mehrheiten im DGB und in der SPD. Dass die Parteiführung der SPD dem Druck | |
der Basis in weiten Teilen nachgeben musste, zeigt zudem, dass die | |
innerparteiliche Demokratie tatsächlich funktionieren kann. | |
Nun sollte das neue öffentliche Interesse an der Bahn genutzt werden. Nicht | |
nur, um eine immer noch mögliche Privatisierung durch die Hintertür zu | |
verhindern, sondern auch, um eine leistungsfähige Bahn zu bekommen, die | |
sich auf ihre Kernaufgaben konzentriert. Eine bürgernahe Bahn, deren | |
Finanzierung auch ohne Investoren auf Dauer gesichert ist. | |
29 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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