# taz.de -- Hickhack um die Promotion: "Wandern die Guten ab, leiden alle" | |
> Wenn auch nicht-universitäre Institute Doktortitel vergeben, wandert der | |
> Spitzen-Nachwuchs dorthin ab, meint Reinhard Hüttl, Vizepräsident der | |
> Akademie der Technikwissenschaften. | |
Bild: Volle Hörsäle? Das können fast alle Unis bieten. Spitzennachwuchs muss… | |
taz: Was würde es bedeuten, wenn das Promotionsrecht von den Unis an andere | |
Einrichtungen verlegt wird? | |
Reinhard Hüttl: Das Promotionsrecht ist ein wichtiges | |
Alleinstellungsmerkmal der Universitäten. Eine Erweiterung auf | |
außeruniversitäre Institute hätte zur Folge, dass die Doktoranden verstärkt | |
an diese Institute abwandern. Den Hochschulen würden in der Folge weitere | |
Gelder für die Forschung entzogen. Das Forschungspotenzial der Unis würde | |
weiter geschwächt. Auf lange Sicht würde sicher die Zahl der guten Forscher | |
an den Hochschulen abnehmen. | |
Warum ist exzellenter Nachwuchs so wichtig für die Unis? | |
Der Nachwuchs führt die eigentliche Forschungsarbeit durch, er bringt | |
kontinuierlich neue Ideen ein. Wenn eine Hochschule da gute Leute hat, ist | |
sie in der Wissenschaftslandschaft sichtbar. Das ist sehr wichtig, weil | |
mittlerweile viele Gelder über Wettbewerb vergeben werden. Kann sie im | |
Kampf um Drittmittel nicht mehr punkten, beginnt eine Spirale nach unten. | |
Dann nimmt die Qualität der Forschung weiter ab, und es kommen keine guten | |
Nachwuchsforscher mehr nach. | |
Bringt es den DoktorandInnen denn nichts, wenn sie - wie in der | |
Exzellenzinitiative gemacht - in Graduiertenkollegs gemeinsam promovieren? | |
In Doktorandenprogrammen geht es ja um was anderes: um soft skills wie | |
wissenschaftliches Schreiben und Managementfähigkeiten, um gute | |
wissenschaftliche Arbeit und Seminare, ein Betreuungsteam und ähnliche | |
Aspekte. Das machen beispielsweise die Research Schools der | |
Max-Planck-Gesellschaft heute schon. Das hat aber nichts mit dem | |
Promotionsrecht zu tun: Die Urkunde vergibt weiterhin die Hochschule. | |
Wie würde sich die Forschungslandschaft ändern, wenn es ein Promotionsrecht | |
für die anderen Institute gäbe? | |
Die Forschung an den Hochschulen würde geschwächt, die Ausbildung an den | |
Universitäten würde sich verschlechtern, weil dort weniger neues Wissen | |
eigenständig erarbeitet wird. Darunter würde besonders die Masse der | |
Studierenden leiden. Es hätte aber auch Auswirkungen auf die Elite. Denn | |
sie zieht ja ihren Nachwuchs, ihre brain power, aus der Masse. Ich halte es | |
daher für sehr wichtig, die jungen Leute an den Hochschulen bestmöglich | |
auszubilden. Wir brauchen in Deutschland die Breite in der Ausbildung. | |
Was halten Sie von den "strategischen Partnerschaften", in denen sich | |
Universitäten und außeruniversitäre Forschungsinstitute wie zum Beispiel | |
die Max-Planck-Gesellschaft zusammentun? | |
Wichtig dabei ist, dass die Universitäten als Zentren der | |
Nachwuchsförderung erhalten bleiben. Ich sehe keine Notwendigkeit dafür, | |
bei diesem Prozess das Promotionsrecht auf Forscher außeruniversitärer | |
Einrichtungen auszudehnen. | |
30 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Annegret Nill | |
## TAGS | |
Potsdam | |
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