# taz.de -- Kommentar Erbschaftssteuer: Eine nutzlose Reform | |
> Die Erbschaftssteuer sorgt auch künftig nicht für sozialen Ausgleich. | |
> Statt einer Ehöhung wurden nur minimale Änderungen beschlossen. | |
Eine merkwürdige Reform ist das. Seit fast vier Jahren beschäftigen sich | |
Union und SPD, viele Wissenschaftler und natürlich auch die Opposition mit | |
einer Gesetzesänderung, die nichts ändert. Jedenfalls nicht am | |
entscheidenden Punkt. Die Erbschaftsteuer in Deutschland liegt im | |
internationalen Vergleich auf eher niedrigem Niveau - eine moderate | |
Erhöhung wäre also sinnvoll. Doch die große Koalition verzichtet darauf. | |
Des fragilen Gleichgewichts in der großen Koalition zuliebe beschränken | |
sich Union und SPD auf minimale Neuerungen. Firmenerben erhalten | |
Vergünstigungen, entferntere Verwandte sollen etwas mehr zahlen - das sind | |
Bestandteile des Kompromisses, den Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und | |
Hessens CDU-Ministerpräsident Roland Koch vereinbart haben. Die Einnahmen | |
aus der Erbschaftsteuer insgesamt werden nicht steigen. Deutschland bleibt | |
ein günstiges Land für Erben. In Deutschland werden pro Jahr rund 150 | |
Milliarden Euro vererbt. Im Vergleich dazu nehmen sich die 4 Milliarden | |
Euro Erbschaftsteuer recht bescheiden aus.Diese 4 Milliarden Euro | |
jährlicher Einnahmen aus der Steuer machen etwa 0,2 Prozent des | |
Bruttoinlandprodukts aus. In den USA sind es 0,25 Prozent und in Frankreich | |
sogar 0,5 Prozent. | |
Es geht nicht darum, Kinder so zu belasten, dass sie die Eigentumswohnung | |
ihrer Eltern verkaufen müssen, um das Finanzamt zufriedenzustellen. Es geht | |
auch nicht darum, Firmen durch die Erbschaftsteuer in die | |
Zahlungsunfähigkeit zu treiben. Freibeträge und die Möglichkeit, die Steuer | |
zu stunden, verhindern das. Ein berechtigtes Interesse der Nachkommen am | |
Besitz ihrer Familie muss aber abgewogen werden gegenüber dem Interesse der | |
Mehrheit am gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der steht in Frage, falls die | |
Unterschiede zwischen Arm und Reich zu groß und zu sichtbar werden. Und es | |
zeigen sich eben Risse in der Sozialordnung, wenn man 10 Prozent der Kinder | |
eines Jahrgangs in den Schulen als chancenlos aussortiert und 15 Prozent | |
der Menschen in Armut leben. Ein paar Milliarden Euro mehr sind da nicht | |
die Lösung, aber ein Ansatz. | |
Das weiß auch Finanzminister Steinbrück, der vor geraumer Zeit selbst für | |
eine höhere Belastung großer Vermögen eingetreten ist. Diese Ansicht | |
scheint nicht so wichtig gewesen zu sein, wie die reibungslose | |
Zusammenarbeit mit Roland Koch. Das Duo Steinbrück/Koch ist für den Bestand | |
der Koalition ähnlich wichtig, wie das Tandem Merkel/Müntefering - auch | |
wenn in der Sache nicht viel passiert. | |
5 Nov 2007 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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