# taz.de -- Sport & Popmusik: "Dann macht es bumm" | |
> Die Beziehung zwischen Sport und Pop ist eng und glamourös. Seit dem | |
> Run-D.M.C.-Song "My Adidas", wird die Massenwirksamkeit beider Phänomene | |
> für Marketingsstrategien genutzt. | |
Bild: Im Sommer 2006 dudelte "Zeit, dass sich was dreht" überall. | |
Vom WM-Titel bis zur Kreisligameisterschaft, ob Superbowl oder | |
Schleifchenturnier, Bahrain oder Buxtehude, eins steht fest: Triumphe | |
werden begangen mit "We Are The Champions". Es dürfte kaum eine Minute | |
vergehen, in der Freddie Mercury nicht im Grabe rotiert, weil gerade mal | |
wieder ein siegestrunkener Sportler unter der Sektdusche den alten | |
Queen-Gassenhauer krächzt. Und auch wenn man diesen Song lange schon nicht | |
mehr hören kann, beweist sein zeitloser Erfolg auf den Sportplätzen dieser | |
Welt doch eins: Leibesübungen und Popmusik sind eine mitunter ästhetisch | |
nicht allzu einfallsreiche, nichtsdestotrotz aber sehr feste Beziehung | |
miteinander eingegangen. | |
Diese Beziehung war nicht immer unproblematisch. Vor allem hierzulande. Von | |
der unseligen Verbindung der deutschen Fußballnationalmannschaft mit Udo | |
Jürgens ("Buenas Dias, Argentina") bis zum Pop-Bomber der Nation (Gerd | |
Müllers "Dann macht es bumm"): Zwar suchte der Sport lange Jahre die Nähe | |
zur Popkultur, aber im Gegensatz zu England, wo Fußball und Pop eine Domäne | |
der Arbeiterklasse waren, galten schweißtreibende Betätigungen - außer Sex | |
natürlich - weltweit als weitestgehend uncool. Rock n Roll war Rebellion, | |
Sport war spießig. | |
Das sollte sich erst Mitte der 80er-Jahre schlagartig ändern. Die Strategen | |
des Sportartikelkonzerns Nike erschufen im Verbund mit der National | |
Basketball Association (NBA) den ersten wirklich globalen Sportstar. | |
Michael Jordan wurde zur Ikone und der Sport zum Bestandteil der Popkultur. | |
Manifestiert wurde dieser Paradigmenwechsel 1986, als die Rap-Crew | |
Run-D.M.C. eine Hymne auf ihren bevorzugten Sportartikler verfasste: Nach | |
"My Adidas" waren Turnschuhe nicht mehr nur ein Sportgerät, sondern ein | |
Lifestyle-Accessoire. Von nun an fielen alle Hürden - wirtschaftliche, | |
ideelle und personelle. | |
Seitdem wird für Marketingkampagnen die Massenwirksamkeit von Popmusik und | |
Spitzensport miteinander verzahnt. Keine große Meisterschaft ohne eigenen | |
Song, kein Klub ohne Vereinshymne von der lokalen Rockband. Fernsehsender | |
"präsentieren" zum Abspann ihrer Sportsendungen das aktuelle Produkt einer | |
dafür zahlenden Plattenfirma. Trendsportarten wie Streetball, Snow- und | |
Skateboarden werden in der Öffentlichkeit schon automatisch mit einem | |
popmusikalischen Genre, meistens Hiphop, assoziiert. Die Düsseldorfer | |
Rockband Tote Hosen sponserte zeitweise ihren in finanzielle Schieflage | |
geratenen Heimatklub Fortuna und Oasis tat es ihnen gleich bei Manchester | |
City. Im vergangenen Sommer schließlich zierte nicht wie üblich ein Model | |
das Cover der alljährlichen Swimsuit-Ausgabe von Sports Illustrated, | |
sondern die R & B-Sängerin Beyonce. Deren Lebensgefährte Jay-Z ist nicht | |
der einzige Rapper, dessen Texte mit Sportanspielungen geschwängert sind; | |
außerdem ist er auch noch Mitinhaber des NBA-Teams New Jersey Nets. Als | |
Investor im Sport ist er damit nicht allein: Jon Bon Jovi agiert als | |
Besitzer des Arena-Football-Teams Philadelphia Soul. In den USA sind solche | |
Geschäftsverbindungen zwischen Musik und Sport schon lange üblich: Bereits | |
in den 30er-Jahren unterstützte Louis Armstrong eine Baseball-Mannschaft in | |
New Orleans. | |
Es bleibt längst nicht bei ökonomischen Verwicklungen. Sportler und Musiker | |
sind beide mit ähnlichen Problemen konfrontiert - vom ständigen Reisestress | |
bis zur Belästigung durch Groupies. So werden grenzüberschreitende | |
Freundschaften immer häufiger. In den 80er-Jahren war es noch | |
außergewöhnlich, dass Basketball-Star Bill Walton mit den Grateful Dead auf | |
Tour ging, oder dass Elton John sich als Präsident des FC Watford | |
engagierte. Mittlerweile scheinen vor allem Sängerinnen eine große Schwäche | |
für Sportler zu entwickeln: Victoria "Posh Spice" Beckham, Sheryl Crow, die | |
lange Jahre mit Lance Armstrong liiert war, sind nur die prominentesten. | |
John McEnroe ist verheiratet mit der Rocksängerin Patty Smyth und | |
Basketballer Grant Hill mit der R & B-Sirene Tamia. | |
Natürlich gab es auch immer wieder Spitzensportler mit musikalischen | |
Ambitionen. Dennis Rodman wurde dereinst das Mikrofon abgedreht, als er zu | |
Pearl Jam auf die Bühne stürmte, und Leichtathletik-Legende Carl Lewis | |
scheiterte mit dünnem Stimmchen. Schon 1963 veröffentlichte ein gewisser | |
Cassius Clay ein Album namens "I Am The Greatest", hatte aber dann später | |
unter dem Namen Muhammad Ali deutlich mehr Erfolg als Boxer und erfand - | |
wie einige meinen - in Interviews schon mal den Rap. Heute soll Dirk | |
Nowitzki in Dallas seine Teamkameraden von den Mavericks regelmäßig mit | |
eher unzureichenden Darbietungen auf der Gitarre belästigen. | |
Mittlerweile aber wird längst nicht mehr nur belächelt, wenn Sportler sich | |
als Musikanten versuchen: Die ehemalige Tennis-Größe Yannick Noah hat in | |
Frankreich erfolgreich zum Popstar umgeschult. Shaquille ONeal, mehrfacher | |
NBA-Champion mit den Los Angeles Lakers und Miami Heat, | |
Teilzeitschauspieler und Freizeitwrestler, veröffentlichte in den | |
90er-Jahren fünf Hiphop-Alben, die teilweise sogar mit Platin ausgezeichnet | |
wurden. Auch sein Kollege Allen Iverson betätigte sich als Rapper, und | |
Wayman Tisdale beendete seine NBA-Karriere, um sich ganz auf seine Laufbahn | |
als Jazz-Bassist zu konzentrieren. | |
Der umgekehrte Weg allerdings ist schwieriger. Country-Star Garth Brooks | |
blamierte sich als Baseball-Profi, und Rapper, Plattenfirmenmogul und | |
Aufbauspieler Percy Miller alias Master P erhielt mit 31 Jahren zwar einen | |
Vertrag bei den Charlotte Hornets, wurde aber kurz vor Saisonbeginn | |
entlassen. Ein weiterer Versuch bei den Toronto Raptors scheiterte | |
ebenfalls, bevor Miller zumindest einige Spiele lang für Fort Wayne Fury in | |
der niederklassigen CBA auflief. Anschließend betätigte sich Miller als | |
Spielerberater und konnte einige prominente Klienten verpflichten. | |
Bei anderen, die auf der Bühne Karriere machten, hätte das Leben ganz | |
anders verlaufen können. Rockröhre Rod Stewart absolvierte in den | |
Sechzigern ein Probetraining beim Londoner Profiklub Brentford. Auch James | |
Brown, der "Godfather of Soul", war in seiner Jugend ein talentierter | |
Boxer. Doch ausgerechnet von Freddy Mercury sind - außer dem | |
Mikrofonständerschleudern auf höchstem Niveau - keine außergewöhnlichen | |
sportlichen Talente überliefert. | |
1 Dec 2007 | |
## AUTOREN | |
Thomas Winkler | |
Thomas Winkler | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
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