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# taz.de -- Kommentar Venezuela: Kein Sozialismus per Dekret
> Venezuelas Wahlvolk hat die von Präsident Chávez geplante
> Verfassungsreform knapp abgelehnt und demonstriert damit demokratische
> Reife.
In seltener Eintracht überschütteten gestern Hugo Chávez und seine
politischen Gegenspieler das Wahlvolk mit Komplimenten. Zu Recht: Mit der
knappen Ablehnung der Verfassungsreform, die ihr Präsident betrieb, haben
sich die Venezolaner ein demokratisches Reifezeugnis ausgestellt - und das
denkbar beste Ergebnis produziert.
Erstmals seit 1998 gaben sie ihrem charismatischen Staatsoberhaupt einen
Denkzettel. Sie bekannten sich zum Grundgesetz aus dem Jahr 1999, das
ebenfalls auf Chávez zurückgeht. Dass gleich 44 Prozent der
Wahlberechtigten der aufwändig inszenierten Abstimmung fernblieben, darf
ebenfalls als Protest gegen den Änderungsentwurf gewertet werden. Der wurde
zunächst hinter verschlossenen Türen und dann im Schnellverfahren
zusammengebastelt und war in seiner Komplexität kaum zu vermitteln.
Chávez zeigte daran auch wenig Interesse. Meist spickte er seine Wahlreden
mit wohlbekannten Attacken auf das "Imperium" und malte dessen echte und
vermeintliche Verschwörungen in den grellsten Farben aus. Seine
Distanzierung von seinem kolumbianischen Kollegen Álvaro Uribe war zwar in
der Sache verständlich, aber in der Form überzogen - ebenso wie die
obsessiv vorgetragene Aufforderung an den spanischen König, sich für seinen
"Halt doch mal die Klappe"-Wutausbruch bei der Konferenz in Madrid zu
entschuldigen. Bleibt die Hoffnung, dass der immerhin noch bis 2012
amtierende Alleinunterhalter aus Caracas die Botschaft des Volkes richtig
zu deuten weiß: Ein Sozialismus des 21. Jahrhunderts per Dekret ist ebenso
zum Scheitern verurteilt wie seine Vorläufer des 20. Vor allem muss er aber
Konsequenzen ziehen.
Nicht nur die kritischen Linken, die mit Nein stimmten oder sich
enthielten, wünschen einen weniger egozentrischen Regierungsstil. Chávez
muss die Basis wieder ernster nehmen. Das heißt auch: weniger reden, mehr
zuhören. Und: Statt großspuriger Ankündigungen sind jetzt pragmatische
Maßnahmen gegen Kriminalität, Versorgungsmängel, Vetternwirtschaft und
Korruption gefragt.
4 Dec 2007
## AUTOREN
Gerhard Dilger
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