# taz.de -- Led Zeppelin im Konzert: Mutterschiff des Sexismus | |
> Am Montag spielen Led Zeppelin in London. Ihr harter Rock funktioniert | |
> heute bloß als Parodie - denn wer feiert heute noch den Schwanz als | |
> Zentrum des Universums? | |
Bild: Singen vom "Backdoorman" - Robert Plant und Jimmy Page, 1985. | |
Leicht kann es einem in den Künsten passieren, dass man Sex und Sexismus | |
nicht mehr auseinander halten kann - hört man sich "Mothership" an, die | |
Best-of-CD von Led Zeppelin, erschienen pünktlich zur großen | |
Wiedervereinigung der Band heute Abend in London, dem Konzert der | |
Superlative, 20.000 verkaufte Karten bei 20 Millionen Anfragen, hat man das | |
Gefühl, im Rock seien die beiden womöglich eins. Da gibt es zum einen den | |
Led-Zeppelin-Sound, diesen auf das Bluesschema aufgebockten | |
Höhlenmenschengroove, der in einem fort auf- und abschwellt und immer | |
zwischen präorgiastischer Euphorie, Höhepunkt und postkoitaler Melancholie | |
schwankt. Und es gibt die Dinge, die Robert Plant singt, wenn er nicht | |
gerade schreit und stöhnt. | |
Mit den berühmten "Im gonna give you every inch of my love" aus "Whole | |
Lotta Love" ist man wahrscheinlich noch auf der Seite des Sex, auch wenn, | |
wer von Sidos "Arschficksong" redet, von den Zeilen "I wanna be your | |
backdoorman" nicht schweigen sollte. "Babe Im Gonna Leave You" dagegen, das | |
Stück, in der Sänger einer Frau erklärt, sie solle für die kommenden Monate | |
auf Haus und Herd aufpassen, "I aint joking woman, I gotta ramble", es rufe | |
ihn nach draußen, spielt auf der anderen Seite. Wobei das, was ihn da ruft, | |
meist Frauen sind, wie sie in "Black Dog" vorkommen. Fiese Schlampen, die | |
sich auf Kosten seiner Männlichkeit amüsieren wollen, und denen die | |
Vorfreude schon das Bein herunterläuft: "Hey, hey, baby, when you walk that | |
way / Watch your honey drip, cant keep away." | |
Eine Wanderschaft, die der "Immigrant Song" als Fantasie skizziert, wie | |
eine Wikingerhorde mordend und brandschatzend über die Lande zu ziehen: | |
"The hammer of the gods will drive our ships to new land / To fight the | |
horde and sing and cry, Valhalla, I am coming." | |
Nun kann man diese Dinge natürlich nicht trennen, die Brunftschreie von dem | |
Schwingen der doppelhalsigen Streitaxt, das großartig stumpfe Stampfen des | |
Schlagzeugs vom Rhythmus des Lebens, wie die Songs ihn skizzieren. Die | |
Fantasien, die die Stücke erzählen von einem Leben zwischen | |
Marshallverstärker und Schnapsflasche. | |
Tatsächlich ist das Erstaunliche an Led Zeppelin genau dies: wie vollkommen | |
unangekränkelt von jeder Form politischer Korrektheit sie den Schwanz als | |
Zentrum des Universums feiern. Das macht heute niemand mehr, nicht im | |
Mainstream und nicht an den Rändern desselben. Auch Led Zeppelin selbst | |
werden es nicht mehr können, wenn sie heute Abend auftreten. Diese Musik | |
funktioniert heute nur noch als Zitat oder Parodie. Man kann auch | |
historischer Fortschritt dazu sagen. TOBIAS RAPP | |
10 Dec 2007 | |
## AUTOREN | |
Tobias Rapp | |
## TAGS | |
Kolumne Lidokino | |
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