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# taz.de -- Mit deutscher Gründlichkeit: Ganz im Westen liegt das Paradies
> In Palawan ist die Unterwasserwelt der Philippinen am reichsten. Ein
> deutschstämmiger Politiker schwört die Palaweños auf Umweltschutz und
> Öko-Tourismus ein.
Bild: Krokodile im Subterranean River Nationalpark
Das Erste, was erfahrenen Asienurlaubern auffallen mag, sind die
Mülltonnen. Grüne Mülltonnen, Fassungsvermögen 50 Liter. Sie stehen in
Puerto Princesa alle paar hundert Meter am Straßenrand. Der Effekt ist
unübersehbar. Die Gehwege und Parks der 160.000-Einwohner-Stadt sind
sauber, nirgendwo gammelt alter Müll rum. Das bedeutet viel in einem Land
wie den Philippinen, in dem Umweltschutz kleingeschrieben wird und
Müllsammlung nahezu ein Fremdwort ist. Puerto Princesa, die Hauptstadt
Palawans, gilt zu Recht als die sauberste und grünste Stadt der
Philippinen. „Das haben wir unserem Bürgermeister zu verdanken“, erzählt
der Busfahrer auf der kurzen Strecke vom Flughafen bis zum Bootspier. „Seit
Mr. Hagedorn unser Chef ist, geht es bergauf. Wir tun viel für die Umwelt.
Unsere Kinder spielen in sauberer Umgebung und es kommen immer mehr
Touristen, also verdienen wir auch mehr. Etwas Besseres als Mr. Hagedorn
konnte uns nicht passieren!“
Klingt ein wenig zu sehr nach Märchenstunde für Touristen. Doch der Blick
aus dem Fenster fällt auf Frauen, die vor bunt angemalten Häusern fegen.
Hinter den Bambuszäunen wachsen Blumen und gedeiht Gemüse. Und überall
Mülltonnen statt Müllhaufen am Wegesrand. Wer aber ist dieser Mr. Hagedorn,
der aus der ärmlichen Provinzhauptstadt der westlichsten Inselgruppe der
Philippinen einen solchen Vorzeigeort geschaffen hat?
Edward S. Hagedorn hat seinen für Einheimische zungenbrecherischen
Nachnamen dem deutschen Großvater zu verdanken - und wohl auch deutsche
Gründlichkeit von ihm geerbt. Die ersten Jahrzehnte seines Lebens war der
heutige Umweltaktivist indes alles andere als ein grüner Engel. Geld machte
er nicht nur bei Wettspielen, sondern auch mit dem verbotenen Abholzen
tropischer Wälder. Die Wende des Mr. Hagedorn vollzog sich 1992, als er
erfolgreich für das Amt des Bürgermeisters kandidierte. „Ich wollte das
Vertrauen der Palaweños in mich nicht enttäuschen. Deshalb versprach ich,
ihre Lebensgrundlagen zu beschützen.“
Was schmerzhaft nach Politiker-Sprechblase klingt, setzte Hagedorn mit
großem Elan in die Tat um. „Wie man mit Müll umgeht und was Recycling ist,
hat er in den Schulen lehren lassen. Die Kinder haben es dann uns
beigebracht“, erzählt Tourguide Omar mit einem Schmunzeln. „Vor allem
ausländische Urlauber loben, dass wir Palaweños mit dem Umweltschutz vor
der Haustür anfangen“, weiß er.
Inzwischen wurde Puerto Princesa mit nationalen wie internationalen
Umweltpreisen bedacht. Das liegt vor allem daran, dass der Mann mit dem
Menjoubärtchen nicht lockerlässt. Unter Hagedorns Ägide wurden Wälder
wieder aufgeforstet, das zerstörerische Fischen mit Dynamit bekämpft und
ausländischen Investoren die Auflage gemacht, kein Hotel höher als drei
Stockwerke zu bauen. Und das, obgleich der Tourismus zu boomen beginnt.
Kein Wunder, auf manchen der 1.710 Inseln des Palawan-Archipels finden sich
einige der feinsten Resorts, die die Philippinen zu bieten haben.
Statistiken zufolge gehen die Besucherzahlen stetig nach oben. Doch
Hagedorn warnt vor den Folgen unkontrollierter Urlauberströme. „Wir wollen
Öko-Tourismus, keinen Massentourismus“, bestimmt der energische
Rathauschef.
Zu bieten hat Palawan eine Menge: Die an Naturschönheiten überreiche Insel
nimmt innerhalb des Archipels eine Sonderstellung ein. Da die etwa 400
Kilometer lange und kaum mehr als 40 Kilometer breite Insel wie ein Riegel
die philippinische Sulu-See vom Südchinesischen Meer trennt, wird sie von
Filipinos gerne als „the last frontier“ bezeichnet, die äußerste Grenze.
Für einen wie Robin Moreno ist sie indes „the last paradise of the
Philippines“.
Moreno ist einer von neun Rangern, der über den 80 Kilometer nördlich von
Puerto Princesa gelegenen „Subterranean River National Park“ wacht. Der
besser als „Underground River“ bekannte Nationalpark wurde 1999 von der
Unesco zum Weltnaturerbe geadelt. Knapp acht Kilometer misst der Fluss, der
der längste befahrbare unterirdische Wasserweg der Welt ist. Auf winzigen
Auslegerbooten lässt sich dort ein grandioses Höhlenlabyrinth erkunden.
Zigtausende Fledermäuse schwirren dabei über den behelmten Köpfen der
Urlauber. Stalagmiten und Stalagtiten bilden bizarre Formationen. In der so
genannten Kathedrale, dem mehr als 30 Meter hohen Herzstück der Höhle,
wirkt das kleine Boot noch fragiler und winziger. Nach 1,2 Kilometern ist
Endstation im Unterwassertunnel, zu eng rücken die Höhlenwände zusammen.
Etwa 45 Minuten dauert die Gruselstunde für Große, 34.000 Besucher nahmen
dafür 2005 die holprige, mehr als zweistündige Anfahrt von Puerto Princesa
in Kauf.
Wer noch mehr aus dem Trip rausholen will, erkundet den Nationalpark auf
einem gut ausgeschilderten Wanderpfad, etwa dem gerade restaurierten
Monkeytrail. Dieser trägt seinen Namen zu Recht, in den dichten Wäldern
wimmelt es nicht nur von exotischen Vögeln, Faltern und Leguanen, sondern
vor allem von frechen Affen, die Wanderern gerne ihren Snack aus der Hand
schnappen.
Schwer zu erreichen, dafür spektakulär - das gilt auch für das Tubbataha
Reef vor der Ostküste Palawans. Nirgends im philippinischen Archipel ist
die Unterwasserwelt reicher, sind die Korallengärten prächtiger. Das aus
zwei Atollen bestehende Riff wurde 1993 ebenfalls von der Unesco zum
Weltnaturerbe erklärt. Das Tubbataha Reef ist weltweit eines der
begehrtesten Tauchreviere und wird aufgrund seiner isolierten Lage in der
Sulu-See ausschließlich von Live-aboard-Schiffen angefahren. Ein Segen für
das Riff, so beschränkt sich die Saison auf Mitte März bis Mitte Juni.
In Manila hat man inzwischen auch erkannt, welche Schätze auf Palawan
schlummern. Tourismusminister Joseph Durano glaubt, dass die Insel „bald
Boracay als Ferienziel Nummer eins ablösen wird“. Bei einer Stippvisite
versprach er jüngst den Ausbau von Straßen und Häfen, um Urlaubern das
Reisen zu erleichtern. Von Leuten wie Edward Hagedorn hängt nun ab, ob
Palawan dennoch das letzte Paradies der Philippinen bleibt.
16 Dec 2006
## AUTOREN
Hilja Müller
## TAGS
Reiseland Philippinen
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