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# taz.de -- Unterwegs sein, die Natur genießen: Seen wie Sommersprossen
> Entspannter Aktivurlaub in Naturlandschaften, wie sie im Bilderbuch
> stehen. Zu Fuß, per Rad, im Kanu oder mit einer Draisine durch die
> mittelschwedischen Regionen Värmland und Dalsland
Bild: Waldhütte
"Ich liebe das, wie im schwedischen Sommer die Dämmerung mit den warmen
Pastelltönen nur ganz langsam zu Ende geht. Ewig könnte ich das genießen."
Der Berliner Klaus Kortstock gerät ins Schwärmen. "Und dann noch die
zahlreichen Seen, die mit ihren felsigen Ufern an schier endlose Wälder
grenzen."
Schweden ist das Urlaubsland für Aktivurlauber. Unterwegs sein und die
Natur genießen, das ist die einende Motivation der Schwedenurlauber. Für
einige ist dies schon fast wie eine Religion. Die mittelschwedischen
Regionen Dalsland und Värmland nördlich von Göteborg stellen sich als
interessante und zugleich noch verhältnismäßig gut zu erreichende
Landstriche dar. Die Möglichkeiten, das Land und die schönen
Naturlandschaften kennenzulernen, sind sehr vielfältig - und das nicht nur
zu Fuß, per Rad oder im Kanu.
Auf einer alten, stillgelegten Bahnlinie sind die Drahtesel der Schiene
unterwegs, zu mieten für jedermann. Schon bei der Anfahrt fallen die
merkwürdigen Verkehrsschilder auf. "Dresine Traffik" heißt es an den
Stellen, wo die Gleise die Straßen kreuzen. Für eine richtige
Eisenbahnlinie sind die Gleise viel zu überwuchert. "Dresine Traffik" ? Das
fast gleichlautende Wort in deutsch, Draisine, haben wir schon einmal im
nördlichen Brandenburg gelesen. Ist das nicht ein Schienenfahrzeug, das mit
Muskelkraft fahrradähnlich über die Gleise bewegt werden kann? Hier im
Dalsland führt die 52 Kilometer lange stillgelegte Route von Bengtsfors
über Gustavsfors nach Arjäng. Abseits der Autostraßen geht es durch Wälder,
über Wiesen und entlang von Seen. Ab und zu erscheint ein eingemotteter
Minibahnhof oder ein Gehöft mit dem für Schweden typischen dunkelroten
Anstrich. An vielen Stellen wuchern die Gleise zunehmend mit Pflanzen zu.
Da wird wohl auf den Pächter der Gleise demnächst sehr viel Arbeit
zukommen, denn schon jetzt wachsen nur wenige Zentimeter neben den Gleisen
Büsche und junge Birken. Der Spaß einer Draisinenfahrt beschränkt sich
allerdings nur auf den optischen Genuss der Natur. Die Draisinen sind alles
andere als lautlose Fahrzeuge. Selbst das laute Gespräch von Draisine zu
Draisine ist fast unmöglich. Mit der Kraftanwendung ist es wie beim
Radfahren. Bergauf muss kräftig und keuchend in die Pedale der eisernen
Gefährte getreten werden, bergab lässt man sich komfortabel rollen. An
einigen Bergabpassagen mahnen Schilder dringend zum Bremsmanöver. Tückisch
sind die Übergange bei kreuzenden Schotterwegen. Liegen kleine Steinchen
auf den Gleisen, kann die Draisine dort leicht entgleisen. Bei langsamer
Geschwindigkeit kein Problem.
Zu erreichen sind die mittelschwedischen Regionen Värmland und Dalsland für
zentraleuropäische Besucher noch mit annehmbaren Fahrtzeiten. Der Weg via
Dänemark und die neuen, gigantischen Brücken über die Ostseemeerengen
hinüber nach Schweden ist ein Erlebnis für sich. Es ist schon ein
merkwürdiges Gefühl, wenn man mit dem Pkw über ein ausgewachsenes
Hochseefrachtschiff hinwegfahren kann. Nicht ganz billig, aber rascher als
mit den Fähren wird das Ostseewasser überquert.
Zurück in die schwedische Natur. Das richtige Radfahren, also auf Wegen und
nicht auf der Schiene, ist in Schweden natürlich auch möglich. Auf den
Nebenstraßen abseits der Caravanrouten begegnen sich die vielen
Fernradwanderer, die vorne und hinten schwer bepackt für mehrere Tage oder
gar Wochen durch das Land der endlosen Wälder fahren. Will man auch die
kleinsten Wege nutzen, um zum Beispiel besonders schöne Uferwege befahren
zu können, benötigt man allerdings recht genaue Karten. Die Beschilderung
reicht häufig nur bis zum nächsten Gehöft - und das ist aus eigener
leidvoller Erfahrung viel zu dürftig und führt dazu, dass der eine oder
andere Weg gelegentlich unfreiwillig zweimal kennengelernt wird - hin und
zurück. Die einfachen Landstraßen sind wegen vieler unübersichtlicher
Kurven und dem damit verbundenen risikoreicheren Autoverkehr weniger
empfehlenswert.
Die seen- und flussreiche Region ist selbstredend ein Paradies für
naturliebende Kanu- und Paddelbootwanderer. Schaut man sich die Landkarte
von Dalsland und Värmland an, sieht man so viele Seen, wie ein Gesicht
Sommersprossen haben kann. Viele der Wohnmobile und Autos haben ihr
Wassergefährt auf dem Dach. Aber kanulose Besucher brauchen nicht zu
verzweifeln, denn Kanuvermieter gibt es in Schweden fast an jedem See. Für
den Naturbesucher folgt die Qual der Wahl: Welchen der unzähligen Seen
befahren? Jeder hat seinen eigenen Charakter: rund oder extrem langgezogen,
mit oder ohne zahlreiche Winkel, groß oder klein, einsam oder am Rand
bewohnt.
Besonders kurios und fotogen sind die vielen kleinen Felseninselchen,
manche nur eine Handvoll Quadratmeter groß. Aber für ein oder zwei Bäume
ist selbst auf der kleinsten Seeinsel noch Platz. Einige dieser
Felseninseln, vor allem die länglichen, erinnern an gestrandete Walfische.
Die Fantasie der Kinder kennt da kaum Grenzen. Auch beim Kanufahren ist es
wie beim Radfahren. Einige ziehen ohne Gepäck ihre Route an einem Tag
durch, andere sind schwer beladen mit allem, was man so für einen längeren
Trip benötigt - bis hin zum Zelt und der damit verbundenen Freiheit,
jederzeit an einer der vielen Lagerbuchten oder einer kleinen Insel den im
Sommer langen Tag zu beschließen.
Die komfortablere, aber nicht so einsame Übernachtungsmöglichkeit sind die
gut ausgestatteten Campingplätze, auf denen auch niedliche kleine Hütten
gemietet werden können. Für Kanuten ist es besonders interessant, dass
viele Zeltplätze an Seen liegen.
25 Dec 2007
## AUTOREN
Hartmut Graefenhahn
## TAGS
Behörden
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