# taz.de -- Beileibe kein leichtes Gericht: Paella ist Männersache | |
> Und nur echt mit dem Reis der Reisfelder um Valencia. Neben der | |
> klassischen valencianischen Paella, die Reis mit Schnecken, Bohnen und | |
> Hühnerfleisch kombiniert, gibt es noch unzählige weitere Varianten der | |
> traditionellen spanischen Spezialität | |
Bild: Paella Valenciana | |
Ob diese Verhandlung für die Touristen nachgestellt würde, fragt eine | |
Touristin am Vorplatz der Kathedrale von Valencia. Es klingt tatsächlich | |
wie eine Inszenierung: Im „Wassergericht“, untergebracht in einem | |
historischen Gebäude direkt neben der Kathedrale, die im Jahr 1262 über die | |
alte Moschee gestülpt wurde, schlichten die Laienrichter jeden Donnerstag | |
Punkt 11.40 Uhr Streitfälle, zu denen es bei der Bewässerung der Reisfelder | |
immer wieder kommt. Die huertas, jene Reis- und Gemüsefelder, die sich in | |
der küstennahen Ebene von Valencia erstrecken, benötigen im Sommer große | |
Mengen Wasser, das sich aus acht Kanälen speist. | |
Die Laienrichter sind selbst Bauern der Huertas, und sie legen fest, zu | |
welchen Zeiten welcher Bauer das Wasser der Bewässerungskanäle anzapfen | |
kann. All das geschieht ausschließlich mündlich, ist jedoch sogar staatlich | |
legitimiert: Als einziges Gericht dieser Art in Europa ist das | |
Wassergericht von der Regierung in Madrid gesetzlich verbrieft. Der Brunnen | |
auf dem Platz vor der Kathedrale versinnbildlicht die Art der | |
Wasserteilung: Der liegende Riese in der Mitte steht für den Fluss Turia, | |
die acht wasserspeienden Engel stehen für die Bewässerungskanäle. | |
Mit welchem Aufwand der Reis verarbeitet wird, damit aus ihm das feine, | |
weiße Korn entsteht, lässt sich im Reismuseum in Valencia besichtigen. In | |
der fünfstöckigen Molino de Serra stehen originale Maschinen, die dort bis | |
vor 25 Jahren ihren Dienst versahen. Mit Paraffinöl wird der Reis längst | |
nicht mehr konserviert, erfährt man hier – erstens ist das Öl giftig, und | |
zweitens sind diese Konservierungsmethoden dank luftdichter Verpackung | |
nicht mehr notwendig. | |
Nach der Reinigung wird der Reis geschält und verliert dabei 40 Prozent | |
seines Gewichts. Zum Schluss wird der Reis „poliert“, dadurch erhält er | |
seine glatte Oberfläche und lässt sich einfacher kochen. „Vollkornreis wird | |
in Spanien kaum verwendet“, erzählt der Museumsdirektor. Es stimme zwar, | |
dass in der äußeren Schicht die meisten Mineralstoffe und Vitamine | |
angelagert sind. Doch wer zum Reis Olivenöl, Gemüse, Obst, Fisch und | |
Fleisch esse, stelle dem Organismus genügend dieser Stoffe zur Verfügung. | |
Die Menschen in Indien allerdings, die sich ausschließlich von Reis | |
ernährten, seien auf die Inhaltsstoffe der Reisschale angewiesen. | |
Natürlich kann man die Paella in fast allen Restaurants essen, doch immer | |
mehr Menschen wollen sie selbst kochen. In der Kochschule Escuela de la | |
Cocina Altaviana bekommen normalerweise junge Köche ihre zweijährige | |
Ausbildung. „In letzter Zeit haben wir aber immer öfter private Gruppen | |
oder Firmen, die bei uns Kurse für die Zubereitung von Paella buchen“, sagt | |
Kursleiter Carlos Gomez-Senent. Allerdings müssen Touristen, die kein | |
Spanisch verstehen, hier auf einen Dolmetscher zurückgreifen – alle Kurse | |
finden auf Spanisch statt. | |
Neben der klassischen valencianischen Paella, die Reis mit Schnecken, | |
Bohnen und Hühnerfleisch kombiniert, gibt es unzählige Varianten. Beliebt | |
ist die „schwarze Paella“, die ihre Farbe vom Saft der Tintenfische erhält | |
und die mit Meeresfrüchten und Reis angerichtet wird, es gibt vegetarische | |
Gemüsepaella und Fischpaella. „Ganz wichtig dabei: die Fischbrühe!“ erkl�… | |
der beleibte spanische Chefkoch. Die muss – wegen des Geschmacks – selbst | |
hergestellt werden, am besten mit frischen Küstenfischen, die es morgens | |
auf dem Markt für ein paar Cent zu kaufen gibt. Die Fleischpaella dagegen | |
kommt ohne Brühe aus, der Reis wird hier mit ganz normalem Leitungswasser | |
gekocht. | |
Paella ist beileibe kein leichtes Gericht: Auf 100 Gramm Reis kommen 28 | |
Gramm Olivenöl! Deshalb isst man in Valencia traditionell Paella nur am | |
Sonntagmittag, wenn Zeit für eine ausgiebige Siesta zur Verdauung bleibt. | |
Am besten schmeckt die Paella unter freiem Himmel. Bauern auf dem Land | |
brutzelten sie schon immer in den großen, eisernen Pfannen über dem offenen | |
Feuer. | |
So geschieht es auch im jährlichen Wettbewerb um die „beste Paella der | |
Welt“, der Anfang September in Sueca bei Valencia stattfindet. Restaurants | |
aus aller Welt beteiligen sich dabei. Jedes Team hat die gleichen | |
Ausgangszutaten und nur zwei Stunden Zeit. | |
Neben der Paella hat Valencia noch eine weitere kulinarische Spezialität zu | |
bieten: die Horchata. Der kühle Drink, hergestellt aus Erdmandeln und ganz | |
ohne Milch, wird in einigen Horchaterias in der Altstadt und auch an | |
kleinen fahrbaren Ständen verkauft. „Den Deutschen schmeckt sie besonders | |
gut. Neulich war sogar Angela Merkel hier, die hat sie sehr gelobt“, | |
erklärt die freundliche Dame, die den Bechern der neuen „Ciudad de las | |
Sciencias“ für 2,50 Euro „Orxata de Xufes“, wie sie auf Valencianisch | |
heißt, verkauft. Die Mandeln werden dafür einen Tag lang eingeweicht und | |
anschließend zerstampft. Mit etwas Zucker, Gewürzen und Wasser entsteht aus | |
ihnen die Horchata. | |
Der neuste Besuchermagnet Valencias ist die Ciudad de Sciencias, entworfen | |
von Stararchitekt Santiago Calatrava. Das Operngebäude besitzt die Form | |
eines Haifischs, über das runde I-Max-Kino stülpte der Architekt eine | |
gläserne Ellipse in Form eines Auges, das sogar die Augenlider öffnen kann. | |
Das Wissenschaftsmuseum sieht aus wie ein Wasserfall, und alles glänzt in | |
den Farben Weiß und Azurblau. | |
5 Jan 2008 | |
## AUTOREN | |
Dirk Engelhardt | |
## TAGS | |
Reiseland Spanien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |