# taz.de -- Atomtransport sechs Stunden gestoppt: Akrobatisch gegen Atomkraft | |
> Eine 26jährige Atomkraftgegnerin stoppte ganz allein einen Transport mit | |
> radiaktiven Material nach Rotterdam. | |
Bild: Unbequem aber effektiv: Cecile Lecomte stoppt einen Urantransport. | |
BERLIN taz/dpa Im Alleingang stoppte eine französische Atomkraftgegnerin in | |
der Nacht zum Donnerstag stundenlang einen Transport mit radioaktivem | |
Uranhexaflorid. Kurz vor Burgsteinfurt, 30km von Münster entfernt, hatte | |
die 26jährige Französin auf etwa 7 Meter Höhe ein Seil zwischen zwei Bäumen | |
über die Schienen gespannt - und sich in der Mitte auf die Höhe der Lok | |
heruntergelassen. So blockierte sie den Transport. Die Polizei hatte die | |
Frau mit dem vorausfliegenden Polizeihubschrauber erspäht - und den Zug | |
gestoppt. | |
Nach Angaben von Atomkraftgegnern, die durch den Suchscheinwerfer des | |
Hubschraubers auf den Vorgang aufmerksam wurden, waren die vor Ort | |
eintreffenden Polizisten zunächst ratlos. Nach Angaben der Polizei dauerte | |
es sechseinhalb Stunden, bevor es in der Nacht gelang, die Frau mit Hilfe | |
von Spezialkräften aus den Seilen zu holen - und vorläufig festzunehmen. | |
Gegen zwei Uhr nachts konnte der Zug seine Fahrt von der | |
Urananreicherungsanlage in Gronau Richtung Rotterdam wieder aufnahmen. | |
"Wir protestieren gegen den Export von deutschem Atommüll ins Ausland", | |
sagte die Aktivistin Cecile Lecomte zur Begründung ihrer Aktion. "Diese | |
Transporte von atomarem Abfall aus der Urananreicherung sollen angeblich in | |
Russland weiter verarbeitet werden. Tatsächlich lagern tausende Tonnen | |
radioaktiven Atommülls dort unter freiem Himmel und verseuchen die Umwelt." | |
Das Uranhexafluorid (UF6) ist in seiner abgereicherten Form ein | |
Abfallprodukt, welches bei der Herstellung von Uran für Brennelemente | |
anfällt. Das UF6 ist schwach radioaktiv und bildet in Verbindung mit | |
Sauerstoff hochätzende Fluorsäure. Ein Unfall mit Freisetzung des Stoffes | |
würde nach Einschätzung von Atomkraftkritikern vom Informationsnetzwerk | |
gegen Atomenergie (www.contratom.de) für die Anwohner eine Katastrophe | |
bedeuten, auf die die Rettungskräfte nicht wirklich vorbereitet seien. | |
Die russischen Behörden erklären, sie würden in den landeseigenen Anlagen | |
das Uranhexafluorid erneut anzureichern. Nach Einschätzung von | |
Atomkraftgegnern ist das nicht wirtschaftlich. Diese Frage ist | |
entscheidend: Denn ob das geht oder nicht, ist für die Klassifizierung des | |
Stoffes ausschlaggebend: Als Wertstoff darf man ihn exportieren, als Abfall | |
eben nicht. | |
Der Urantransport führt auf der Schiene von Gronau über Münster nach | |
Rotterdam. Nach Informationen der Atomkraftgegner wird er voraussichtlich | |
Samstag über die Nord- und Ostsee nach St. Petersburg verschifft. Von dort | |
gehen die 1.000 Tonnen Uranhexaflourid per Zug weiter bis in eine russische | |
Urananreicherungsanlage, zum Beispiel nach Novouralsk (Sibirien). | |
17 Jan 2008 | |
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Uran | |
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