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# taz.de -- Polizeigewalt gegen Kenias Opposition: Schüsse statt Tränengas
> Trotz angeblich anderer Befehle erschießt die Polizei in Kenia weiterhin
> oppositionelle Demonstranten. Schon 1.000 Tote? Hoffnung aus Genf und
> neue Strategie.
Bild: Militärpolizei am Donnerstag im Mathare-Slum von Nairobi.
NAIROBI taz/afp Mit Gewehrschüssen und Tränengas hat Kenias Polizei am
Donnerstag Proteste der Opposition gewaltsam unterdrückt. Seit dem Beginn
der Demonstrationen am Mittwoch kamen mehrere Oppositionsanhänger ums
Leben: Vier wurden allein in Kisumu im Westen Kenias erschossen. Dabei
hatte die Einsatzleitung vorher angeblich den Einsatz von Gewehren
verboten. "Die Anweisung war klar: Tränengas und Schlagstöcke, sonst
nichts", sagte Kisumus Polizeichefin Grace Kahindi am Donnerstagmorgen und
kündigte eine Untersuchung an.
Doch am Nachmittag waren schon wieder Schüsse in ganz Kisumu zu hören.
Fernsehbilder zeigten Polizisten, die auf am Boden liegende Demonstranten
eintraten. Oppositionsführer Raila Odinga, der den Sieg bei der
Präsidentenwahl vom 27. Dezember für sich in Anspruch nimmt, warf der
Polizei vor, willkürlich Menschen zu erschießen. "Sieben Demonstranten sind
heute allein in Kasarani im Osten Nairobis erschossen worden", sagte er am
Donnerstag. "Die Regierung hat dieses Land in ein Schlachtfeld verwandelt,
in dem Unschuldige ermordet werden." Die Zahl der Toten seit Beginn der
Unruhen Ende Dezember schätzte Odinga auf mehr als 1.000, doppelt so viele
wie offiziell berichtet.
Außer in den Slums von Nairobi wurden auch aus Eldoret im nördlichen Rift
Valley schwere Auseinandersetzungen gemeldet. Bei der Verfolgung von
Anhängern der Oppositionspartei nebelten Polizisten offenbar die
Intensivstation eines Krankenhauses mit Tränengas ein und schlugen einen
Wächter nieder.
Die kenianische Opposition will jetzt ihre Proteststrategie gegen die
Wiederwahl von Präsident Mwai Kibaki ändern. "Heute ist der letzte Tag mit
Demonstrationen", sagte ein Sprecher der Partei Orange Democratic Movement
(ODM) von Oppositionsführer Odinga, Salim Lone, am Freitag. Er kündigte
eine "neue Phase des Kampfes" an. Unter anderem sei ein Boykott von Firmen
geplant, die Kibakis Anhängern gehören, darunter eine Bank und öffentliche
Transportunternehmen.
Unterstützung erhielt Odinga vom Europäischen Parlament, das die
EU-Kommission aufforderte, bis zur Beilegung der Krise alle Budgethilfen
für Kenias Regierung einzufrieren. Zudem müsse es Neuwahlen geben, falls
sich eine glaubwürdige und faire Neuauszählung der Stimmen als unmöglich
erweisen sollte. Die EU ist einer der wichtigsten Geldgeber Kenias:
Zwischen 2008 und 2013 sind Hilfen in Höhe von 383 Millionen Euro
eingeplant. Die humanitäre Hilfe für Kenia muss hingegen wohl aufgestockt
werden: Weil mehr als 250.000 Kenianer auf der Flucht und Ernten zerstört
sind, rechnen die UN mit einem Bedarf von 42 Millionen US-Dollar, um
insgesamt 500.000 Menschen sechs Monate lang mit Lebensmitteln, Wasser und
Unterkunft zu versorgen.
Gute Neuigkeiten kamen unterdessen aus Genf: Das Globale Humanitäre Forum,
dem Kofi Annan vorsitzt, erklärte, dieser werde in den nächsten Tagen mit
Vermittlungsgesprächen in Kenia beginnen. Gemeinsam mit Tansanias
Expräsident Benjamin Mkapa und Nelson Mandelas Ehefrau Graça Machel soll er
die zerstrittenen Seiten einen. Ghanas Präsident John Kufuor war damit vor
einer Woche gescheitert. Die Oposition sei zu einem Trefen mit Annan
bereit, hieß es. Während sich zwei Mitglieder der Gruppe bereits in Nairobi
befanden, war der Ankunftstermin Annans noch unklar. Er musste seine Reise
wegen einer Erkrankung verschieben.
18 Jan 2008
## AUTOREN
Marc Engelhardt
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