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# taz.de -- Kirchenjubiläum: Die Party in Gottes Haus
> Die Passionskirche am Marheinekeplatz hat sich in den letzten 20 Jahren
> zum Kultur- und Veranstaltungsort entwickelt. Am Sonntag feiert die
> Kreuzberger Gemeinde ihren 100. Geburtstag.
Bild: Erregt Aufsehen: Božo Vrećo
Es gibt nur wenige Kirchen, vor denen nachts die Massen auf Einlass warten.
Doch vor der Passionskirche am Marheinekeplatz gehören lange Schlangen zum
gewohnten Bild. Denn das Kreuzberger Gotteshaus hat sich zu einem über die
Grenzen Berlins hinaus bekannten Veranstaltungsort für Konzerte etabliert.
"Ich kenne keine andere Kirche, die so oft im Radio erwähnt wird", sagt
Pfarrerin Dagmar Apel. Um die 200 Auftritte gebe es jährlich an dem
ungewöhnlichen Ort. "Mittlerweile können wir ein Drittel der Betriebskosten
von den Einnahmen bezahlen", freut sie sich. Am Sonntag feiert die Kirche
mit einem Festgottesdienst ihr 100-jähriges Bestehen.
Die Idee für die kulturelle Nutzung sei in den 80er-Jahren zur Zeit der
Hausbesetzungen entstanden, erzählt Apel. Soziale Spannungen und
Ausschreitungen hätten damals den Kiezalltag bestimmt, die Kirchengemeinde
habe kaum eine Rolle gespielt. "Dem wollte der damalige Pfarrer
entgegenwirken, indem er sich mit einer Öffnung der Kirche aktiv in der
Umgebung einbrachte."
Das Konzept ging auf. Der burgenhafte Bau nahe dem lebendigen
Bergmannstraßen-Kiez zog mit seinem Soul- und Jazzprogramm ein stetig
größer werdendes Publikum an. "Die Konzerte werben quasi von selbst für den
Ort", sagt Apel. Kein Wunder bei so bekannten Namen wie Nana Mouskouri,
Kings of Convenience oder Patti Smith, die am 8. Februar in der heiligen
Halle auftreten wird. Der 100. Geburtstag wird am Sonntag aber mit einem
Gottesdienst gefeiert.
Das Gebäude wurde 1905 bis 1908 nach den Plänen von Theodor Astfalck im
romanischen Stil aus Klosterbacksteinen erbaut. Den Zweiten Weltkrieg
überstand die Berliner Großkirche weitgehend unversehrt. Anfang der
50er-Jahre konnte sie in kurzer Zeit restauriert werden. Zu Beginn der
90er-Jahre wurde das Kircheninnere dann aufgrund des zunehmenden Andrangs
von Seiten kultureller Veranstalter für Musik- und Kulturveranstaltungen
umgebaut. Die Wände erhielten einen Spezialputz, um die Akustik zu
verbessern. Der Altarraum wurde zur Bühne umfunktioniert.
"Natürlich gibt es auch gelegentlich Einwände von Besuchern und
Kirchenleitung", sagt Pfarrerin Apel. Für die Nutzung des Kirchenraums
müssen sich die Veranstalter daher an einige Richtlinien halten. So dürften
der Altar und das Kreuz bei Konzerten nicht verhängt und ethische
Grundsätze der Kirche nicht verletzt werden. Auch parteipolitische
Veranstaltungen oder gottesdienstliche Feiern anderer Religionen sind
unerwünscht.
Für die Konzertagenturen, die den Ort vornehmlich mieten, stellen diese
Vorgaben kein großes Problem dar. "Uns ist schon klar, dass eine Kirche
kein gewöhnlicher Konzertschuppen ist", sagt Marita Fabiunke von der
Agentur Trinity Concerts. Allein schon wegen der Bestuhlung kämen nur
bestimmte Bands für die Kirchenkonzerte in Frage.
Dort dürfen Besucher dann sogar Bier trinken. Auch damit scheint kaum
jemand Probleme zu haben. "Alkohol in der Kirche, das ist natürlich eine
Gratwanderung", gibt Pfarrerin Apel zu. Aber der Konsum halte sich in
Grenzen. Neben den Konzerten finden in der Kirche auch Lesungen und
Ausstellungen statt. Seit etwa vier Jahren gibt es sogar ein monatliches
Kinoprogramm. Für Gottesdienste ist aber nach wie vor der Sonntag
reserviert.
19 Jan 2008
## AUTOREN
Jenny Bohse
## TAGS
Musik
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