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# taz.de -- Methode gegen Erbschäden: Designer-Embryo mit drei Eltern
> Britische Forscher tauschten bei einem Embryo ein kleines Stück Erbgut
> aus. Noch sind es nur erste Versuche im Labor. Ziel ist, die Weitergabe
> von Erbkrankheiten zu verhindern.
Bild: Und rein mit dem neuen Kern in die Zelle.
BERLIN taz | Britische Forscher an der Universität Newcastle haben im
Reagenzglas Embryonen mit dem Erbgut von drei Eltern hergestellt. Die zu
Forschungszwecken gezeugten Embryonen wurden nach wenigen Tagen zerstört.
Während in den britischen Medien schon von einem Durchbruch zur Behandlung
von bisher unheilbaren Erbkrankheiten gesprochen wird, ist der
Neurogenetiker Patrick Chinnery von der Newcastle-Universität bei der
Bewertung seiner Forschungsergebnisse weitaus zurückhaltender: Bevor diese
Methode zur klinischen Anwendung komme, müssten noch einen ganze Reihe von
wissenschaftlichen Fragen geklärt werden, sagte Chinnery.
Das Ziel der britischen Forscher ist, eine Methode zu entwickeln, mit der
die Weitergabe von Erbkrankheiten verhindert werden kann, die durch defekte
Mitochondrien ausgelöst werden. Mitochondrien sind winzige Zellorganellen,
die in großer Anzahl in jeder Körperzelle vorkommen. In einer Eizelle sind
etwa 100.000 dieser Organellen. Sie sind für die Energieversorgung der
Zellen zuständig und werden daher auch als Zellkraftwerke bezeichnet.
Nach der Endosymbiontentheorie sind es die Überreste von Bakterien, die im
Laufe der Evolution in die Zellen eingewandert sind und dort lebenswichtige
Funktionen übernommen haben. Normalerweise werden die Mitochondrien nur
über die Eizelle von der Mutter an den Nachwuchs weitergegeben. Die
Mitochondrien besitzen ein eigenes Genom, das jedoch sehr klein ist. So
besteht die menschliche Kern-DNA aus rund 3 Milliarden Bausteinen. Das
mitochondriale Erbgut kommt nur auf knapp 17.000 Basenpaare. Das sind nur
37 Gene. Die Kern-DNA enthält etwa 25.000 Gene. Genetische Veränderungen in
den Mitochondrien können lebensbedrohend sein. Rund 50 vererbbare
Krankheiten sind bekannt, u. a. Stoffwechselstörungen, Muskel- und
Nervenschädigungen und Hirnerkrankungen.
Um die Vererbung der defekten Mitochondrien zu verhindern, übertrugen die
britischen Wissenschaftler den Zellkern aus einem frühen Embryo in eine
zuvor entkernte Embryonenhülle, diese enthielt noch die ursprünglichen
Mitochondrien. Der sich daraus entwickelnde Embryo besaß nun die Kern-DNA
des ersten Embryos und das Mitochondrien-Genom des zweiten Embryos. Die mit
dieser Methode hergestellten Embryonen hatten somit zwei genetische Mütter
und einen Vater. Die Mitochondrien der beiden genetischen Mütter waren
ausgetauscht worden.
Insgesamt zehn Embryonen seien so hergestellt worden, berichteten die
Forscher vor kurzem auf einem Kongress. Bisher sind die Forschungen noch in
keinem Fachmagazin publiziert worden. Es sei daher auch nicht bekannt, so
berichtet das Fachmagazin Nature, wie viele Übertragungsversuche insgesamt
durchgeführt werden mussten, damit sich am Ende zehn Embryonen
weiterentwickeln konnten.
Für ihre Versuche nutzten die Forscher frühe Embryonen, die bei der
künstlichen Befruchtung aufgrund von Mängeln aussortiert worden waren. Noch
sind die Wissenschaftler ganz am Anfang. Denn sollte sich das Verfahren als
effektiv und sicher herausstellen, wollen die Forscher in der klinischen
Anwendung die Kern-DNA nicht auf eine Embryonenhülle übertragen, sondern
auf eine Spender-Eizelle. Der Ergebnis wäre das gleiche. So hofft
jedenfalls Chinnery. Bei Tierversuchen japanischer Wissenschaftler - mit
Mäusen - soll es bereits funktioniert haben. Ob dies auch mit menschlichen
Embryonen und Eizellen klappt, ist jedoch ungewiss.
Innerhalb der nächsten drei Jahren würde Chinnery gern die ersten
klinischen Test durchführen. Zuerst nur um zu sehen, ob sich die
Drei-Eltern-Embryonen auch normal entwickeln. Ob es dazu kommen wird, ist
jedoch noch ungewiss. Denn die britischen Gesetze erlauben eigentlich keine
Keimbahnveränderungen von Embryonen, die auch ausgetragen werden sollen.
Für die jetzt durchgeführten Experimente lag eine Erlaubnis vor. Ob die
nächsten Versuchsschritte auch genehmigt werden, ist noch offen.
8 Feb 2008
## AUTOREN
Wolfgang Löhr
## TAGS
Reproduktionsmedizin
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