Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Warten auf 1600 Seiten: Streit um Fauser-Werk
> Ein Riesenbuch - eine publizistische Biografie Jörg Fausers - lässt auf
> sich warten: Die Witwe des Autors und der Alexander Verlag streiten sich
> erst mal vor Gericht.
Bild: Muss man eine Autorenikone wie Jörg Fauser wirklich vor sich selbst sch�…
Nun bekommt man sich auf den letzten Metern also doch noch in die Haare.
Seit 2004 macht der Alexander Verlag sukzessive das Gesamtwerk Jörg Fausers
wieder verfügbar, zwei Bände pro Jahr. Schön ausgestattet, unkommentiert
zwar, aber stets mit schwungvollen Nachworten von Fauser-Weggefährten wie
Jürgen Ploog und Martin Compart oder Fauser-Aficionados wie Franz Dobler,
Benjamin von Stuckrad-Barre, Feridun Zaimoglu. Fürs Frühjahr 2007
angekündigt war, als Band 8 der Edition, "Auf der Suche nach der
verborgenen Wahrheit", eine Kompilation seiner journalistischen Texte. Der
Band erschien jedoch nicht, stattdessen im Herbst "Die Tournee", sein
Fragment gebliebener letzter Roman.
Sollte ursprünglich nur eine Textauswahl seiner Essays, Kolumnen und
Reportagen, nämlich die der vergriffenen Werkausgabe bei Rogner & Bernhard,
gedruckt werden, kündigte der Verlag dann für Frühjahr 2008 ein Riesenbuch
an: "Der Strand der Städte", 1.600 Seiten, mithin "alles, was Fauser zu
Lebzeiten, also selbst, veröffentlicht hat", so der Verleger Alexander
Wewerka, "streng chronologisch, mit einem genauen Textnachweis und vor
allem einem Register mit allen erwähnten Namen und Titeln." Eine
publizistische Biografie Fausers, wenn man so will, als Addict konnte man
sich da nur die Hände reiben.
Konnte! Denn die Rechteinhaberin, die Witwe Gabriele Fauser, wollte diese
konzeptionelle Modifikation nicht mittragen und erwirkte beim Landgericht
Berlin eine einstweilige Verfügung, die den Druck des Bandes bis auf
Weiteres verhindert. Da ihr ein Mitspracherecht bei der Textauswahl
vertraglich eingeräumt wurde, ihre Einwände jedoch offenbar
unberücksichtigt blieben, ist das zunächst nur billig. Hinter dem neuen
Editionskonzept steckt denn auch nicht bloß verlegerischer Altruismus.
Wewerka befürchtet schlicht, dass er von einer Auswahl der journalistischen
Texte nur ein paar hundert Exemplare würde verkaufen können. Eine
realistische Einschätzung, wenn man bedenkt, dass die
Rogner-&-Bernhard-Ausgabe antiquarisch noch greifbar ist und beim Verlag
Neue Kritik mit dem Band "Lese-Stoff" bereits eine Auswahl seiner Essays
zur Literatur vorliegt.
Man darf sich nun andererseits fragen, was eigentlich gegen eine solche
Gesamtausgabe spricht. Muss man eine Autorenikone wie Jörg Fauser wirklich
vor sich selbst schützen? Dass seine journalistischen Gelegenheitsarbeiten
nicht in toto "der ganz große Blues" (Fauser) sind - geschenkt. Der Mann
ist kanonisiert, literarhistorisch erfasst und entsprechend gewürdigt,
warum sollte man mit ihm nicht verfahren wie mit jedem anderen modernen
Klassiker - und zumindest das zu Lebzeiten gedruckte Werk möglichst
vollständig edieren, wenn sich schon ein Verlag dazu bereit erklärt?
Aber noch über einen anderen Punkt herrscht Uneinigkeit. Da der
ursprünglich als Herausgeber vorgesehene Carl Weissner für die große Lösung
nicht zur Verfügung steht, sieht die Witwe die editorische Sorgfalt des
Bands nicht mehr gewährleistet. Nun ist aber die ganze Ausgabe, abgesehen
von der Edition des Fragments "Die Tournee", bei dem Nachlasstexte zu
berücksichtigen waren, recht gut ohne Herausgeber ausgekommen. Es handelt
sich hier eben um keine historisch-kritische, nicht mal um eine
kommentierte Ausgabe - um bereits gedruckte Texte nachzudrucken, braucht es
eigentlich keine Editionsphilologie. Aber selbst wenn man konzediert, dass
eine solche Vollständigkeit beanspruchende Sammlung etwas mehr editorische
Fürsorge erfordert, warum bittet man nicht einfach den Fauser-Biografen
Matthias Penzel um Mithilfe, der für diesen Band ohnehin den Begleittext
liefert?
Am 13. Mai trifft man sich erstmals vor Gericht und erzielt hoffentlich
eine Einigung, so dass "Der Strand der Städte" endlich erscheinen kann.
Möglichst noch dieses Jahr und möglichst 1.600 Seiten dick.
8 Feb 2008
## AUTOREN
Frank Schäfer
## TAGS
Jörg Fauser
Jörg Fauser
## ARTIKEL ZUM THEMA
Drehbuchautor über Jörg Fausers Roman: „Ich hätte ihn damals nicht gemocht…
Jörg Fausers Roman „Rohstoff“ kommt ins Kino. Das Buch sei eine Abrechnung
mit den Repräsentanten der Staatskultur, sagt Stefan Weigl.
Beat-Literatur von Carl Weissner: Kamikaze Dream Machine
Carl Weissner, Autor, Übersetzer und Literaturagent, machte die Beat
Generation in Deutschland populär. Nun ist ein Buch mit seinen Storys
erschienen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.