# taz.de -- Stadtentwicklung I: Auch Kleinvieh macht Mist | |
> Der für den Verkauf von Landesimmobilien zuständige Liegenschaftsfonds | |
> macht Rekordeinnahmen. Und verspricht: Die lukrativen Grundstücke um den | |
> Hauptbahnhof kommen 2008 unter den Hammer. | |
Bild: Hauptgebäude der ehemaligen FDJ-Hochschule Bogensee | |
So viel Freude ist selten. "2007 war bisher das beste Jahr für uns", | |
frohlockte Holger Lippmann, der Geschäftsführer des Berliner | |
Liegenschaftsfonds. 594 Grundstücke für 281 Millionen Euro haben Lippmanns | |
Mitarbeiter verkauft. Das freut auch Finanzstaatssekretär Klaus Teichert, | |
der vom Erlös 230 Millionen Euro abbekam. "Das ist, nicht zuletzt wegen der | |
Folgeinvestitionen, ein Erfolg für Berlin", meinte Teichert am Donnerstag | |
bei der Vorstellung der Jahresbilanz des Liegenschaftsfonds. | |
Ganz ungetrübt ist die Freude freilich nicht. Da die meisten | |
Filetgrundstücke bereits verkauft wurden, muss nun Kleinvieh den Mist | |
machen. "Der mit 61 Prozent weitaus größte Teil unserer Kaufabschlüsse", | |
sagt Lippmann, "bewegt sich bei einem Volumen von unter 100.000 Euro." | |
Richtig viel Geld gab es nur noch bei 37 Verkäufen - die brachten aber | |
immerhin zwei Drittel des Erlöses. | |
Und noch etwas trübte die ansonsten so erfolgreiche Bilanz. "Auch der | |
Berliner Immobilienmarkt ist von der Krise auf dem US-Hypothekenmarkt nicht | |
verschont geblieben", räumte Staatssekretär Teichert ein. Vor allem im | |
zweiten Halbjahr seien deshalb weniger Abschlüsse als erwartet realisiert | |
worden. Dennoch ist Teichert optimistisch. Auch im nächsten Jahr erwartet | |
der Senat vom Liegenschaftsfonds wieder Einnahmen in Höhe von 227,5 | |
Millionen Euro. | |
Und das hat seinen Grund. Neben allem Kleinvieh hat der Liegenschaftsfonds | |
nämlich noch ein paar Knaller im Portfolio: die Grundstücke am | |
Humboldthafen neben dem Hauptbahnhof. Beim südöstlichen Baufeld, das an die | |
Charité grenzt, steht das Bieterverfahren kurz vor dem Abschluss. Darüber | |
hinaus kommen 2008 auch die nördlichen Baufelder zwischen Bahntrasse und | |
Invalidenstraße auf den Markt, verspricht Liegenschaftsfondschef Lippmann. | |
Ein Mix aus Geschäften und Büros mit einem Wohnanteil von 40 Prozent soll | |
den Erfolg des neuen Stadtviertels am Hauptbahnhof garantieren. | |
Abgerückt ist der Liegenschaftsfonds dagegen von den Verkaufsplänen für die | |
frühere Villa des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels nahe Wandlitz. Um | |
einen Verkauf an "unliebsame Kunden" zu verhindern, soll das Gebäude im | |
Besitz der öffentlichen Hand bleiben. Künftig will das Land Brandenburg die | |
Villa neben der früheren DDR-Jugendhochschule am Bogensee nutzen, so | |
Lippmann. | |
Verkauft werden soll hingegen das 13 Hektar große Gelände um die | |
Goebbels-Villa. Potenzielle Käufer können im Juni ihr Interesse bekunden. | |
Im Oktober soll es ein förmliches Bieterverfahren geben. Das Gelände gehört | |
seit den 90er-Jahren der Stadt Berlin. Während der Nazidiktatur hatte | |
Goebbels dort seinen "Waldhof" genannten Landsitz. Seit Jahren sucht Berlin | |
weltweit vergeblich einen Käufer für das gesamte Areal inklusive aller | |
Gebäude. Der Unterhalt kostet das Land mehrere hunderttausend Euro im Jahr. | |
Dagegen nehmen sich die Grundstücke, die 2008 für einen Festpreis an | |
Baugruppen vergeben werden sollen, eher mager aus. Die Testphase, die der | |
Liegenschaftsfonds nach einem Senatsbeschluss vom Dezember 2007 starten | |
will, beläuft sich auf nur fünf Grundstücke - eines in Mitte, zwei in | |
Pankow, eines in Friedrichshain und eines in Treptow-Köpenick. Teichert | |
kündigte allerdings an, bei entsprechender Nachfrage neue Grundstücke zur | |
Verfügung zu stellen. | |
22 Feb 2008 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rassismus | |
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