# taz.de -- Schlechtbezahlte Frauenberufe: Das ist doch mehr wert | |
> Typische Frauentätigkeiten werden oft schlechter bezahlt als | |
> Männerberufe. DGB und Frauenrat wollen das ändern. | |
Bild: Warum bekommt die Kindergärtnerin weniger Geld als der Pförtner? | |
BERLIN taz Man könnte meinen, der Zeitpunkt sei nicht gut gewählt. Die | |
Reallöhne sinken, die Mittelschicht wird dünner, Ver.di-Mitglieder streiken | |
gerade dafür, wenigstens einen Inflationsausgleich zu bekommen. Und dann | |
kommen auch noch die Frauen und wollen mehr Geld. | |
Der DGB, der Deutsche Frauenrat und einige Berufsorganisationen starteten | |
gestern die Kampagne: "Ich bin mehr wert!" Mit Diskussionen und | |
Veranstaltungen soll über ein Jahr hinweg Bewusstsein für die Strukturen | |
geschaffen werden, die die schlechten Löhne von Frauen hervorrufen. | |
Die Tatsache, dass Frauen in Deutschland 22 Prozent weniger verdienen als | |
Männer, ist nicht gottgegeben, soll die Kampagne verdeutlichen. Schließlich | |
ist dieser Abstand mit der größte in Europa. Und schließlich haben auch | |
Länder wie Großbritannien die Lücke - unter ähnlich schwierigen | |
Rahmenbedingungen - erfolgreich bekämpft, während sie in Deutschland weiter | |
wächst. Deshalb ist der Zeitpunkt vielleicht doch nicht so schlecht | |
gewählt. | |
"Warum bekommt die Kindergärtnerin weniger als der Tierpfleger? Und die | |
Putzfrau weniger als der Pförtner?", fragte Frauenratsvorsitzende Brunhilde | |
Raiser. "Die alten Rollenbilder wirken nach", analysierte die Vizechefin | |
des DGB, Ingrid Sehrbrock den Befund, dass für typische Frauentätigkeiten | |
gern weniger Geld gezahlt wird als für Männerberufe. | |
Und diese Rollenbilder finden sich selbstverständlich auch bei den Frauen, | |
wie die Ver.di-Vizechefin Margret Mönig-Raane verdeutlichte: "Wer nur den | |
Busfahrern beim Streiken zuguckt, muss sich nicht wundern, wenn die | |
Busfahrer dann bessere Tarife aushandeln." Frauen selbst begriffen sich zu | |
häufig noch als Zuverdienerinnen und forderten nicht mehr Geld für ihre | |
Arbeit ein. | |
Doch diese Haltung hat sich eben auch in Strukturen niedergeschlagen. Etwa | |
in den Arbeitsbewertungskriterien für Tarifverträge. Im neuen Tarifvertrag | |
des öffentlichen Dienstes (TvÖD) sollte Arbeit deshalb so bewertet werden, | |
dass auch kommunikative, soziale und psychische Belastungen, die in | |
typischen Frauenberufen häufig vorkommen, in die Wertung einbezogen werden. | |
Ob das gelingt, ist allerdings nach wie vor offen. | |
In einer Zeit, in der ein Vater seine Familie gar nicht mehr ernähren kann, | |
weil die Reallöhne sinken, können sich immer mehr Familien dieses | |
Zuverdienermodell nicht mehr leisten. Die Frauen müssen mehr Geld nach | |
Hause bringen, weil die Männer weniger verdienen. Insofern ist der | |
Zeitpunkt für eine Aufwertungskampagne vielleicht sogar besonders gut | |
gewählt. | |
4 Mar 2008 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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