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# taz.de -- Krise in Kongos Westprovinz: Aufstand der Geheimbündler
> Kongo hat einen neuen Unruheherd. Der sektenartige Kulturbund Bundu dia
> Kongo droht mit Abspaltung der Wesprovinz Bas-Congo nach Kosovo-Modell.
Bild: Der strategisch wichtige Inga-Damm bei Matadi in Bas-Congo.
BERLIN taz Kongos Regierung tut sich schwer gegen eine neue Rebellion im
Westen des Landes. Polizisten besetzten am Samstag in Matadi, Hauptstadt
von Kongos Westprovinz Bas-Congo, die Zentrale des Kulturbundes Bunda dia
Kongo (BDK), der sich zum Kern eines Aufstands in der Region zwischen
Kongos Hauptstadt Kinshasa und dem Atlantischen Ozean entwickelt hat und
weite Teile der Provinz unregierbar gemacht hat.
Bundu dia Kongo ist eine Mischung aus Sekte, Geheimbund, Kulturverein und
bewaffneter Gruppe. Sich selbst sieht die Bewegung als traditionelle
Vertretung des Bakongo-Volkes, das heute zwischen der Demokratischen
Republik Kongo, Angola und Kongo-Brazzaville geteilt ist. Die Erinnerung an
das mächtige Königreich Kongo, das im 15. Jahrhundert als erster
afrikanischer Staat reguläre Beziehungen mit Europa pflegte, steht im
Zentrum der Gedankenwelt der BDK.
In den letzten Monaten haben jugendliche BDK-Gruppen in immer mehr
Gemeinden der Provinz Bas-Congo staatliche Funktionen übernommen. Sie
ersetzen Kongos Nationalflagge durch die der BDK, kassieren eigene Steuern
und verhängen in eigenen Gerichten Auspeitschungen als Strafe, fand eine
Parlamentskommission der Provinz. Die Abgeordneten hatten m Januar die
Distrikte Luozi und Seke-Banza bereist. Über hunderte von Kilometern sei
kein einziger Vertreter des Staats anzutreffen, wunderten sich die
Politiker: "Die Gemeinden werden nicht verwaltet, die Sicherheitskräfte
haben ihre Posten verlassen, die Provinzbehörden haben keinen Kontakt zu
den aufständischen Regionen."
Auslöser für die Parlamentarierreise war ein bewaffneter Zwischenfall am 5.
Januar, als BDK-Steuereintreiber in Seke-Banza von der Polizei verhaftet
wurden und daraufhin BDK-Aktivisten die Polizisten verhafteten. Danach
ergriff Gewalt immer mehr Teile dieser bergigen und schlecht erschlossenen
Provinz. Am 29. Februar gab es ein Massaker in Luozi, als die Polizei dort
eine BDK-Versammlung auflöste. Die Zivilgesellschaft der Stadt erklärte,
die Polizei habe das Feuer auf eine friedliche Gebetsversammlung eröffnet.
"Luozi steht in Flammen", heißt es in einem Augenzeugenbericht, der danach
die taz erreichte. "Überall, wo es eine große Anzahl BDK-Anhänger gibt,
schießt die Polizei wahllos und zündet die Hütten an. Viele Dörfer sind
abgebrannt und ihre Bewohner in den Wäldern auf der Flucht. Manche sind
nach Kongo-Brazzaville geflohen." Es habe in der Region 200 Tote gegeben.
Die BDK selbst spricht von 120, offizielle Stellen sprechen von über 20.
Schon Anfang 2007 hatte es nach UN-Angaben 134 Tote in Bas-Congo gegeben,
als Polizei und Armee Protestkundgebungen der BDK in Folge der
Provinzgouverneurswahl auflösten.
Viele Bakongo in der Provinz klagen über Marginalisierung. Die
Provinzhauptstadt Matadi ist Kongos einziger Tiefseehafen und damit der
wichtigste Umschlagplatz von Kongos Außenhandel. Der Inga-Staudamm nahe
Matadi liefert Strom bis nach Südafrika, aber die erwirtschafteten
Einnahmen stehen der lokalen Bevölkerung nicht zur Verfügung. Die
Parlamentarier, die die Provinz im Januar bereisten, stellten fest:
"Arbeits- und Perspektivlosigkeit haben die Mehrheit der Jugend in die
Reihen der BDK getrieben."
BDK-Führer Ne Muanda Nsemi rief letzte Woche alle Völker des Kongo zur
Solidarisierung auf. Sonst müssten die Bakongo nach dem Modell der
Kosovo-Albaner von ihrem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch machen. Als Lösung
der Krise schlagen immer mehr Politiker nun einen Runden Tisch für
Bas-Congo vor. Die Friedenskonferenz für die kriegsgeschüttelten
Kivu-Provinzen im Osten des Landes im Januar soll dafür als Modell dienen.
10 Mar 2008
## AUTOREN
Dominic Johnson
Dominic Johnson
## TAGS
Kongo
Afrika
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