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# taz.de -- Verbraucherschützerin über Nano-Produkte: "Es gibt keinen Schutz"
> Unbekannte, neue Welt: Was Nanopartikel im Essen und in der Kosmetik
> bewirken, weiss man nicht. Monika Büning fordert mehr Geld für die
> Risikoforschung.
Bild: Die Risiken der Nanotechnologie sind weitgehend unerforscht.
taz: Frau Büning, wie viel Nanotechnologie steckt heute schon in unserem
Alltag?
Monika Büning: Das ist eine gute Frage, die wir uns auch immer wieder
stellen. Man weiß, dass in einigen Alltagsprodukten Nanopartikel enthalten
sind - in Reinigungsmitteln, in Kosmetika, in Kleidung. Aber bei
Lebensmitteln fehlen Informationen.
Das deutsche Lebensmittelrecht gilt als relativ streng. Da soll es nicht
möglich sein, Informationen über eventuell enthaltene Nanopartikel in
Ketchup oder Joghurt zu bekommen?
Alle Experten berufen sich zurzeit auf eine amerikanische Datenbank - die
des Woodrow Wilson Centers. In dieser sind Produkte aufgelistet, die
entweder tatsächlich Nanopartikel enthalten oder mit solchen werben.
Es gibt Produkte, die mit Nano werben, obwohl gar kein Nano enthalten ist?
Ja, der Begriff ist bei den Verbrauchern positiv besetzt. Deshalb wird gern
damit geworben.
Ein Beispiel: Ein Kosmetikproduzent entwickelt mit Nanotechnologie eine
Creme, die effektiver gegen Sonnenbrand schützt. Woran kann der Verbraucher
das erkennen? Muss er sich den Nano-Inhaltsstoff von irgendeiner Behörde
genehmigen lassen?
Grundsätzlich können Verbraucher bei Kosmetika anhand der Inhaltsliste
erkennen, welche Stoffe enthalten sind. In Sonnencremes können etwa die
Nanopartikel Titandioxid oder Zinkoxid enthalten sein. Dann sind sie auch
als Inhaltsstoff ausgewiesen. Allerdings muss dort nicht draufstehen, dass
diese Stoffe in nanoskaliger Größe enthalten sind. Hier besteht für uns als
Verbraucherorganisation das Problem: Viele können Nanopartikel nicht
abwählen, weil sie sie anhand der Inhaltsliste nicht erkennen können.
Anderes Beispiel: ein Reinigungsmittel. Steht es da drauf?
Ich kenne etwa Pflegemittel für Parkett, für die mit Nano geworben wird.
Aber ob nun wirklich Nano enthalten ist oder nicht, das wird nicht
deutlich. Das ist der Kern des Problems: Es gibt überhaupt noch keine
festgelegte Definition dafür, was eigentlich Nanopartikel sind. Und solange
es die nicht gibt, kann es auch keine Vorschrift zur Kennzeichnung von
Stoffen in nanoskaliger Größe geben.
Warum gibt es eine solche Definition noch nicht?
Fachkreise definieren Nanopartikel bis zu einer Größe von 100 Nanometern.
Jetzt befassen sich die Normungsgremien auf nationaler und europäischer
Ebene damit. Solche Normungsverfahren sind erfahrungsgemäß sehr langwierig.
Ein bis zwei Jahre werden wir wohl noch auf eine Definition warten müssen.
Nanotechnologie kann beispielsweise Stoffen neue Produkteigenschaften geben
- etwa Körpergeruch abweisen. Was ist daran schlecht?
Natürlich muss man sich überlegen, ob man eine mit Nanopartikeln
beschichtete Socke braucht. Es kann ja auch praktisch sein, eine Socke erst
nach zwei Tagen waschen zu müssen. Aber wenn man den Nutzen von
schweißabsorbierenden Silberionen in Socken bewerten will, muss man sich
auch über die Risiken im Klaren sein. So ist nicht untersucht, was
passiert, wenn man die Socke auf verletzter Haut trägt. Können Nanopartikel
durch Abrieb in den Organismus eindringen? Und: Was bewirken die
Silberionen dort?
Was denn?
Wir wissen es schlechterdings nicht. Das Bundesforschungsministerium hat
zwar sehr viel Geld für die Forschung zur Nutzung von Nanopartikeln
bereitgestellt. In die Risikoforschung und Folgenabschätzung aber geht nur
ein kläglicher Bruchteil.
Gegen gentechnisch veränderte Lebensmitteln können sich Verbraucher dank
Kennzeichnungspflicht schützen. Welchen Schutz gibt es gegen Nanopartikel
im Essen?
Keinen. Zwar wissen wir, dass es Versuche mit Nanopartikeln etwa im Ketchup
gibt, um die Fließeigenschaften zu ändern. Ob und wieweit diese Versuche
schon in Produktpaletten eingeflossen sind, wissen wir nicht.
INTERVIEW: NICK REIMER
12 Mar 2008
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Farbe
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