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# taz.de -- "Brigitte"-Studie über Frauen: Kind, Karriere, Unabhängigkeit
> Eine Studie der Zeitschrift "Brigitte" kommt zu einem unglaublichen
> Ergebnis: Junge Frauen glauben an sich und kommen auch ohne Männer voran.
> Aber ist das Ergebnis alltagstauglich?
Bild: Für Kinder muss man Zeit haben.
Nach der Brigitte-Studie "Frauen auf dem Sprung" sind die neuen Frauen
selbstbewusst. Sie wollen Familie und Beruf - ganz selbstverständlich
beides miteinander kombinieren. Einen Freundeskreis wünschen sie sich und
eine feste Beziehung. Aber nur wenn sie in der noch Zeit für sich selbst
haben. Wichtiger als der Mann fürs Leben sei die finanzielle
Unabhängigkeit. Kurzum: Die jungen Frauen wollen genau das erreichen, was
so viele Frauen im besten Brigitte-Leserinnen-Alter sich nie getraut hätten
zu sagen, ja dank sitten- und konventionsstrenger Gesellschaft niemals
offen zugegeben hätten.
Erschlagende 99 Prozent der Befragten sagen laut Brigitte aus, dass sie
"gut" seien und das auch wüssten. Ist es frauenfeindlich, wenn man daran
zweifelt, dass es wirklich so viel Gutes in der Welt gibt? Jetzt geht es
darum, dass auch die Arbeitgeber das wissen sollten und zusehen müssen,
dass sie auf die Vereinbarkeit von Frau und Familie, pardon, Beruf und
Familie, eingehen. Sonst würden ihnen womöglich die ganz, ganz Guten - also
nicht nur die, die von sich denken, dass sie gut sind, sondern auch die,
von denen die anderen sagen, dass sie gut sind - verloren gehen.
Die Frauen von heute glauben nämlich trotz ihres positiv-fröhlich
gestimmten Ausblicks auf die Zukunft noch immer in überwältigender
Mehrheit, dass sich Familie und Beruf heute noch schlecht vereinbaren
lassen. Woher ziehen also die Frauen zwischen 17 und 19 Jahren,
beziehungsweise zwischen 27 und 29, die Courage, daran zu glauben, dass
diese Träume Wirklichkeit werden? Liegt es an einer kindlichen Naivität?
Oder einfach daran, dass sie mit dem Thema, zu dem sie befragt werden, nur
passiv Erfahrungen haben?
Die großen Einschnitte in das Selbstbewusstsein treten ja nicht mit der
Berufswahl und der Vorstellung davon auf, was man werden möchte. Nein,
gemindertes Selbstbewusstsein tritt eher dann auf, wenn man gerade
unterwegs ins Büro ist und einen Anruf aus der Kita bekommt. Das schon nach
dem Aufwachen kränklich wirkende Kind hat Durchfall. Ansteckungsgefahr für
alle. Abholen, sofort! Da fragt man sich schon, ob man so eine gute Mutter
ist, wie man gerne wäre. Diese Vorwürfe weichen nach der Brigitte-Studie
wohl nun den Vorbildern, und das sind für die jungen Frauen all jene, die
sich bisher irgendwie durchgewurschtelt haben.
Eine Figur des Familienlebens fehlt in der Studie zum größten Teil: der
Mann. Männer kommen nur als reflektierter Wunsch der Frauen vor, nicht als
eigenständiger Akteur, sondern als finsteres Bild des Machos, dem die
unabhängige Frau, vor allem die finanziell unabhängige, bei
Nichtkooperation entkommt. Denn während das weibliche Rollenverständnis
zwischen Kind, Beruf und Unabhängigkeit als durchweg modern dargestellt
wird, lesen sich die nicht untersuchten männlichen Rollenerwartungen, die
dagegengesetzt werden, wie aus dem Mittelalter: Nett, fürsorglich und
gehorsam soll die Frau sein. Das mag in einigen Fällen noch stimmen, ganz
so schlimm und flächendeckend übel können Männer gar nicht sein.
Es gibt auch Heimchen
Angeblich gibt es, und das soll neu sein, eine Abkehr vom Perfektionismus:
Nicht alles muss immer hundertprozentig gelingen. Wenigstens hierin sind
die jungen Frauen realistisch in ihrem Weltbild. Erschreckend an der
Brigitte-Studie ist höchstens, dass es noch immer Frauen gibt, die gar
nicht Beruf und Familie vereinen wollen. Und Männer soll es auch geben, die
gegen so etwas sind. Und Arbeitgeber, die ihre gut ausgebildeten
Goldkragenfrauen zum Aktensortieren in den Keller schicken, soll es auch
noch geben. Trotz der Veränderungen im Scheidungsrecht, nach denen sich
keine Frau mehr leisten kann, beruflich auf dem Ruhepolster zu liegen.
Von all diesen Problemen haben die befragten 19-Jährigen vielleicht schön
gehört, Trennung und Scheidung in der eigenen Familie erlebt, aber oft
bedarf es genau der Erfahrung am eigenen Leib, um einen realistischen Blick
auf die Zustände zu bekommen. Erfahrungen, und das ist das Gute an ihnen,
können auch jenseits der 29 selbstbewusst machen. Es gibt ganz miese
Ausgangssituationen, die aber bewältigt werden können. Die Erfahrung lehrt
auch: Den Mann kann man sich in den meisten Fällen auch noch selbst
aussuchen. Klug gewählt ist deswegen schon halb gewonnen.
Wenn aber den 17- bis 19-jährigen und 27- bis 29-jährigen Frauen die eigene
Zeit, die der Partner ihnen lässt, so wichtig ist, dann fragt man sich,
weshalb sie sich überhaupt eine eigene Familie wünschen. Kinder, so die
Erfahrung, sind nämlich Zeitfresser. Schlimme sogar.
26 Mar 2008
## AUTOREN
Natalie Tenberg
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