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# taz.de -- Studie über Frauen und Beruf: Aldi-Kasse statt Kinderzimmer
> Er verdient das Geld, sie bleibt daheim? Von wegen. Das Modell ist bei
> Hauptschülerinnen und Abiturientinnen gleichermaßen veraltet. Sie wollen
> beides: Beruf und Kind.
Bild: Jungs, ran an den Herd: Frauen wollen lieber arbeiten gehen.
Der Satz verweist auf einen Wandel: Hauptschülerinnen seien "gleichermaßen
auf eine Verbindung von Familie und Beruf" ausgerichtet wie
Abiturientinnen, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Studie des
Wissenschaftszentrums Berlin (WZB). Ist jetzt überholt, was ältere Studien
ergaben: dass vor allem Gutgebildete auf keinen Fall "nur" Hausfrau sein
wollen?
"Die neuen Daten decken sich mit meinen Erfahrungen", sagt Ulrike Schultz,
Genderforscherin an der Fernuni Hagen. Sie hat Hauptschülerinnen in einem
sozialen Brennpunkt nach ihren Lebensentwürfen befragt - und war
überrascht. "Alle hatten eine Berufsorientierung. Auch die türkischen
Mädchen. Und Ambitionen hatten die!", sagt Schultz. "Viele sagten: Ich will
auf keinen Fall einen typischen Frauenberuf, in dem man wenig Geld
verdient." Ob sich die Erwartungen erfüllen werden, sei dann eine andere
Frage. Nur wenige der Mädchen fanden nach der Schule direkt eine
Lehrstelle. Dass die Ambitionen aber überhaupt geäußert werden, ist
ziemlich neu.
Ältere Studien zufolge waren es vor allem Abiturientinnen, die sich ein
Leben ohne Beruf kaum vorstellen können. Bei Hauptschülerinnen hingegen war
das Modell "Er verdient das Geld, sie kümmert sich um die Familie" beliebt.
Die Erklärungsmuster waren schnell bei der Hand: Auf einen Job an der
Aldi-Kasse verzichtet es sich leichter als auf Einkommen und Prestige einer
Rechtsanwältin.
Eine 2007 veröffentlichte Studie des Bundesfamilienministeriums zeigte,
dass junge Frauen mit niedrigem Bildungsgrad sich oft sogar überfordert
fühlten von den Ansprüchen der neuen Zeit. Sie fürchten, jetzt auch noch
Karriere machen zu müssen - während sie bislang mit dem Lebensentwurf
"Hausfrau und Mutter", vielleicht ergänzt um einen 400-Euro-Job, anerkannt
waren. Auch die neue WZB-Studie belegt, dass sich Hauptschülerinnen eher
als Mütter denn als Karrierefrauen sehen.
Laut Waltraud Cornelißen aber, Leiterin der Forschungsgruppe "Gender" am
Deutschen Jugendinstitut, sind diese Befunde nicht unbedingt ein Gegensatz.
So lebt eine Frau, die selbst nur einen Hauptschulabschluss hat, oft mit
einem Mann gleichen Bildungsgrads zusammen. Genau für diese Männer aber hat
sich die Lage am Arbeitsplatz drastisch verschlechtert. "Immer schärfer
stellt sich für diese Paare das Problem, dass das Modell der Versorgerehe
nicht mehr funktioniert. Die Jobs der Männer sind alles andere als sicher."
Es ist also nicht unbedingt der Wunsch nach Selbstverwirklichung, der die
Frauen in den Berufe drängt - sondern zu einem großen Teil Existenzangst.
Denn nach wie vor, sagt Waltraud Cornelißen vom Deutschen Jugendinstitut,
möchten die meisten Frauen gerne zumindest einige Zeit zu Hause bei den
Kindern zu bleiben. "Die Notwendigkeit aber, schnell wieder in den Beruf
zurückzukehren, ist Hauptschülerinnen heute stärker bewusst."
Ein Problem bleibt: Wie reagieren die jungen Männer auf die Lebenspläne der
Frauen? Schon die Studie des Familienministeriums ließ erahnen, dass hier
ein Wandel vonnöten ist. Laut der Umfrage nämlich befürworten zwar
Abiturienten meist die Gleichstellung der Frau. Männer mit geringer Bildung
aber treten in der Regel für die traditionelle Aufgabenteilung ein. Auch
die neue WZB-Studie zeigt, dass alte Rollenvorstellungen fortdauern. So
überschätzen junge Männer den Wunsch der Frauen nach Ehe und Kindern und
unterschätzen ihre Karriereambitionen. Den Frauen wird ein Umdenken
abverlangt - und damit auch den Männern.
27 Mar 2008
## AUTOREN
Cosima Schmitt
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