# taz.de -- Tauwetter in der Antarktis: Riesige Eisfläche bricht ab | |
> 41 Kilometer lang und 2,5 Kilometer breit ist der Eisblock, der aus dem | |
> Wilkins-Schelfeis gebrochen ist. Das Schelfeis wird jetzt nur von einem | |
> schmalen Eisstreifen zusammengehalten. | |
Bild: In der Antarktis ist die Lufttemperatur in den letzten 50 Jahren um 2,5 G… | |
BERLIN taz Vermutlich durch die globale Erderwärmung ist in der Antarktis | |
eine große Schelfeisfläche, das so genannte Wilkins-Eisschelf, vom | |
Abbrechen bedroht. Nachdem sich Ende Februar ein gigantischer Eisberg - 41 | |
Kilometer lang und 2,5 Kilometer breit - gelöst hat, ist am Wilkins-Schelf | |
inzwischen eine Fläche von weiteren 405 Quadratkilometern Eis | |
auseinandergebrochen, was viermal der Größe von Sylt entspricht. | |
Das teilte das US-amerikanische National Snow and Ice Data Center (NSIDC) | |
am Dienstagabend nach der Auswertung neuer Satellitenbilder mit. Nur noch | |
ein schmaler Streifen intakten Eises verhindere, dass das gesamte Schelf | |
mit einer Fläche von rund 14.000 Quadratkilometern kollabiere, berichtete | |
der federführende NSIDC-Wissenschaftler Ted Scambos. | |
Als Ursache sehen die Wissenschaftler die "rapide Klimaveränderung in der | |
sich schnell erwärmenden Region der Antaktis". Auf der antarktischen | |
Halbinsel, an dessen westlicher Seite das Wilkins-Eisschild liegt, sei die | |
Temperatur in den vergangenen 50 Jahren um 0,5 Grad Celsius pro Jahrzehnt | |
gestiegen. Das sei der weltweit höchste Wert, sagte Scambos. "Wir gehen | |
davon aus, dass das Wilkins-Eisschelf seit mindestens ein paar hundert | |
Jahren dort war. Aber warme Luft und die Einwirkung der Ozeanwellen | |
verursachen ein Abbrechen." In diesem Jahr sei aber keine Verschärfung der | |
Situation mehr zu erwarten, weil auf der Südhalbkugel der Sommer nun zu | |
Ende gehe. "Für dieses Jahr ist die ungewöhnliche Show vorbei", so Scambos. | |
"Im kommenden Januar werden wir sehen, ob das Wilkins-Schelf weiter | |
auseinanderbricht." | |
Der Wissenschaftler Jim Elliott vom British Antarctic Survey (BAS), der das | |
Abbrechen des Eisblocks von einem Forschungsschiff aus verfolgte, sagte, er | |
habe etwas Derartiges noch nie erlebt. "Gewaltige Eisblöcke in der Größe | |
von Häusern sahen aus, als ob sie wie bei einer Explosion | |
herausgeschleudert wurden." | |
Als Eisschelfe werden große Eisplatten bezeichnet, die auf dem Meer | |
schwimmen und mit Gletschern an Land verbunden sind. Ihr Schmelzen hat | |
keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Meeresspiegel. Allerdings kann das | |
Abbrechen der Schelfe dazu führen, dass das Eis von Land schneller | |
nachrutscht, was zu einem Meeresspiegelanstieg führt. Als bisher größtes | |
Eisschelf ist im Jahr 2002 das Larson-B-Feld, ebenfalls an der | |
antarktischen Halbinsel gelegen, vollständig zerbrochen. Dieses hatte eine | |
Größe von 5.700 Quadratkilometern. | |
Bereits im vergangenen Jahr hatten Wissenschaftler der BAS gewarnt, dass | |
die Gletscher der antarktischen Halbinsel immer schneller in Richtung Meer | |
gleiten. Die Eismassen in dem Gebiet südlich von Südamerika hätten sich | |
2003 rund 12 Prozent schneller bewegt als zehn Jahre zuvor. Die | |
US-Raumfahrtbehörde Nasa hatte im Mai berichtet, dass in der Antarktis | |
schneebedeckte Gebiete von insgesamt mehr als der Größe Deutschlands | |
geschmolzen seien. Auch in Grönland verlieren große Gletscher seit fünf | |
Jahren deutlich mehr Eis als zuvor. | |
27 Mar 2008 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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