# taz.de -- Kommentar Eisschmelze in der Antarktis: Spektakuläre Erinnerungen | |
> Die Katastrophszenarien vergangenen Jahres scheinen von der Politik schon | |
> längst vergessen zu sein. Dabei sind die Folgen des Klimawandels noch | |
> weitaus dramatischer. | |
Als der Weltklimarat im vergangenen Jahr seine neuen Prognosen zum | |
Klimawandel vorstellte, war die weltweite Aufmerksamkeit immens. | |
Katastrophenszenarien dominierten die Medien, Klimaschutz war alltäglicher | |
Gesprächsstoff und die Politik nahm sich des Themas auf höchster Ebene an. | |
Seitdem ist die Entwicklung eher noch dramatischer geworden. Neue Studien | |
zeigen, dass die Szenarien des Weltklimarats möglicherweise zu optimistisch | |
waren. Der Ausstoß klimaschädlicher Gase nimmt in vielen Regionen, etwa in | |
China, deutlich schneller zu als prognostiziert. Die Gletscher schmelzen | |
weltweit mit größerer Geschwindigkeit als je zuvor gemessen. Und zuletzt | |
beobachteten Wissenschaftler in der Antarktis das Abbrechen einer Eisplatte | |
von gigantischem Ausmaß. | |
In Politik und Öffentlichkeit findet sich diese Dramatik allerdings nur | |
noch verhalten wieder. Wenn Katastrophenszenarien nicht gewaltig | |
übertroffen, sondern "nur" allmählich erreicht werden, reagieren Menschen | |
schnell gelangweilt. Und die Politik hat von den dramatischen Appellen bei | |
globalen Treffen schnell zum kleinteiligen Streit in Unterausschüssen | |
zurückgefunden. International gilt es schon als Erfolg, dass überhaupt | |
weiter verhandelt wird. Deutschland ruht sich derweil auf seinen | |
vermeintlichen Erfolgen aus, bremst die Klimaziele der EU und streitet | |
verbissen über die Details der angekündigten Klimagesetze. | |
Die Partei der Klima-Kanzlerin, die in Heiligendamm, Bali und Grönland | |
stets schnelles Handeln gefordert hat, ist längst in ihre klassische Rolle | |
zurückgefallen und bremst die - ohnehin nicht ausreichenden - Pläne des | |
Umweltministers, wo immer sie kann. Erneuerbare Energien werden nicht mehr | |
primär als Klimaretter, sondern als Kostentreiber gesehen. An der | |
Braunkohlenutzung wird nicht gerüttelt, und ein Tempolimit ist tabu. | |
Insofern muss man sich fast freuen, wenn die Eismassen in der Antarktis | |
spektakulär abbrechen, statt nur still vor sich hin zu schmelzen. Als | |
kleine Erinnerung, dass der Klimawandel sich nicht durch Ankündigungen | |
stoppen lässt, sondern nur durch reale Veränderungen. | |
27 Mar 2008 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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