# taz.de -- Kommentar Fackellauf: Demonstration der Ohmacht | |
> China erwägt, den Fackellauf abzubrechen. Zu Recht, schadet er doch dem | |
> Ansehen des Landes nur. So rächt sich die Kritik-Resistenz der Chinesen. | |
Bild: Klare Aussage. Aber am Sportlerleib wohl fehl am Platz. | |
Nachdem die Proteste in Paris und London eskaliert sind, diskutiert das | |
Internationale Olympische Komitee nun darüber, ob es den Fackellauf | |
außerhalb Chinas abbrechen soll. Keine Frage: Sollten sich die | |
tumultartigen Szenen in San Francisco wiederholen, würde auch dem Image der | |
Olympischen Spiele als völkerverbindendes Sportereignis ernsthaft | |
geschadet. | |
Statt China mit der Welt zu verbinden, droht Olympia, die Kluft zwischen | |
dem Land und dem Westen zu vertiefen. So verständlich die Proteste sind, | |
verprellen sie doch viele Chinesen, die sie als Ablehnung ihrer Nation | |
werten. | |
Das PR-Desaster ist schon da. Doch wer jetzt, wie Chinas Regierung, nur die | |
Demonstranten dafür verantwortlich macht, der leugnet die eigene | |
Verantwortung. Eine zu große Politisierung der Olympischen Spiele ist nicht | |
wünschenswert, weil das weltgrößte Sportereignis sonst ganz schnell mit | |
allen politischen Problemen dieser Welt überfrachtet würde. Aber warum | |
sollten nur demokratische Regierungen und Diktaturen die Spiele zur | |
Selbstinszenierung und zu Propagandazwecken nutzen dürfen - ihre Kritiker | |
aber nicht? Diese Haltung zeugt von Verlogenheit, in Peking wie in | |
Lausanne. | |
Im Fall Tibet kommt hinzu, dass es ja sonst keinen prominenten Ort gibt, an | |
dem frei über die Zukunft der Himalajaregion diskutiert werden kann. Die | |
UNO will sich dieses Konflikts nicht annehmen, weil sich China dagegen | |
sperrt. Und wenn sich ein westlicher Politiker mit dem Dalai Lama trifft, | |
wie es jüngst Kanzlerin Merkel wagte, der wird von Peking geschnitten. | |
Journalisten können nicht frei aus Tibet berichten, selbst friedliche | |
Demonstrationen werden dort niedergeschlagen. Und geht es nach dem IOC, | |
sollen auch die Sportler bei den Spielen nicht protestieren dürfen. Da sie | |
sich sonst nicht so wirksam artikulieren können, sind die Proteste beim | |
Fackellauf auch eine Demonstration tibetischer Ohnmacht. | |
Jetzt rächt es sich, dass es bei den Olympischen Spielen kein Forum gibt, | |
wo der Propaganda des Gastgeberlands etwas entgegengesetzt werden könnte. | |
Die Öffentlichkeit ist dort nur als klatschende Masse erwünscht, beim | |
Fackellauf wie im Stadion. Dieses Verständnis von Gesellschaft passt aber | |
nicht mehr in die heutige Zeit. | |
9 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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