# taz.de -- Autor über Berlusconis Erfolg: "Groß darin, Leute zu kaufen" | |
> Berlusconis Erfolg entspringt seiner Medienmacht und dem Unvermögen der | |
> Linken, sagt der Autor Marco Travaglio. | |
Bild: "Gegen einen Gegner zu gewinnen, der zwei Drittel des öffentlichen und h… | |
taz: Was ist das für eine Linke, die es partout nicht schafft, den völlig | |
unpräsentablen Berlusconi zu schlagen? | |
Marco Travaglio: Gegen einen Gegner zu gewinnen, der zwei Drittel des | |
öffentlichen und hundert Prozent des Privatfernsehens kontrolliert, ist | |
fast unmöglich. Diese Wettbewerbsverzerrung macht sich ja nicht nur am | |
Wahltag bemerkbar. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute dienen diese | |
Fernsehsender dazu, die Wähler das vergessen zu lassen, was sie aus | |
Berlusconis Sicht vergessen sollen, und ihnen bloß das zu zeigen, was er | |
sie sehen lassen will. Dieses Experiment, das Italien seit Jahren erlebt, | |
ist in westlichen Demokratien einzigartig. | |
Aber in den letzten 14 Jahren haben die Mitte-links-Parteien doch fast | |
sieben Jahre lang die Regierung gestellt. | |
Und sie tragen große Verantwortung für die jetzige Situation. Sie haben | |
sich unfähig gezeigt, dieses Problem zu lösen. Wie der große Intellektuelle | |
Norberto Bobbio vor Jahren schon sagte: Man schafft es nicht, Berlusconi | |
die Kontrolle übers Fernsehen zu entreißen, eben weil er die Kontrolle | |
übers Fernsehen hat. Ihm ist es gelungen, halb Italien davon zu überzeugen, | |
dass eine Einschränkung seiner Medienmacht nicht ein Fortschritt für die | |
Demokratie wäre, sondern eine kommunistische Enteignung. | |
Also alles ein Erfolg der Propaganda? | |
Berlusconi ist auch groß darin, Leute zu kaufen und zu bestechen - ich | |
meine das nicht im strafrechtlichen Sinne. Aber wann immer es um die | |
Entscheidung ging, ob die Linke wirklich gegen seine geballte Medienmacht | |
vorgehen sollte, sind viele ausgeschert, aus Angst oder auch weil Emissäre | |
aus dem Berlusconi-Lager sie kontaktiert hatten. | |
Dieses Mal spielte die Tatsache, dass Berlusconi eine Anomalie darstellt, | |
im Wahlkampf gar keine Rolle mehr. Hat die Linke diesen Kampf aufgegeben? | |
Natürlich ist es schwieriger, eine Anomalie zu thematisieren, die in der | |
öffentlichen Meinung gar nicht als solche wahrgenommen wird, sondern der | |
Versuch, sie anzusprechen, als unseriös angesehen wird. Das gilt umso mehr, | |
als die Linke selbst dieses Problem ja nie gelöst hat und deshalb kaum noch | |
glaubwürdig ist, wenn sie diese Geschichten wieder hervorholt. | |
Walter Veltroni hat völlig auf eine Polemik gegen Berlusconi verzichtet. | |
Ist er einer jener linken Politiker, die Berlusconi nicht wehtun? | |
Das ist nicht gesagt. Veltroni hat das Image des Gutmenschen, kann aber | |
auch knallhart sein. Gut möglich, dass er Silvio Berlusconis | |
Interessenkonflikt endlich einer Lösung zuführt, wenn er denn je die | |
politische Chance dazu bekommt. | |
INTERVIEW: MICHAEL BRAUN | |
15 Apr 2008 | |
## TAGS | |
Rechts | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Norberto Bobbios „Rechts und Links“: Das Problem der Gleichheit | |
Ist die Unterscheidung zwischen links und rechts obsolet geworden? Die | |
Neuauflage von Norberto Bobbios Klassiker gibt Antworten. | |
Kommentar Lega Nord: Good Cop, Bad Cop | |
Bei der Wahl in Italien konnte die Lega Nord ihre Stimmen verdoppeln. Ihr | |
stramm rechtspopulistischer Kurs hat sich für die Lega an den Wahlurnen | |
ausgezahlt. |