# taz.de -- Landwirtschaft: Weißer Spargel, schwarze Arbeit | |
> In Beelitz hat die Spargelsaison begonnen. Die Arbeiter werden mit Extras | |
> gelockt. Viele schuften auch schwarz. | |
Bild: Bückware: Die Sparegelernet geht auf den Rücken | |
Auf dem Spargelhof Klaistow in Beelitz weiß man um den Wert seiner | |
Mitarbeiter. Zur Spargelsaison, die am Donnerstag offiziell begonnen hat, | |
braucht man dort jedes Jahr rund 1.000 Saisonkräfte. Weil Spargelstecher | |
unter Deutschen aber kaum zu finden sind und der Hof vor allem auf | |
polnische Arbeiter angewiesen ist, lockt man diese mit gut ausgestatteten | |
Quartieren und besonderer Betreuung: Die Krankenschwester zum Kurieren von | |
Blasen und Rückenschmerzen ist inklusive. | |
Das Beelitzer Land ist mit gut 1.000 Hektar Anbaufläche das größte | |
Spargelanbaugebiet Ostdeutschlands. Bis zu 3.000 Erntehelfer werden jedes | |
Jahr auf den 16 Höfen der Region benötigt. Der Spargelhof Klaistow ist mit | |
seinen 400 Hektar Anbaufläche der größte Hof der Region. Den in | |
Mehrbettzimmern untergebrachten Arbeitern stehen neben der Krankenschwester | |
auch Einkaufsmöglichkeiten auf dem Hof und ein warmes Mittagessen zur | |
Verfügung. Dahinter steckt keine Barmherzigkeit, sondern | |
betriebswirtschaftliches Kalkül: Denn effektiv ist nur der zufriedene | |
Arbeiter. "Viele kommen jedes Jahr und bringen Familienmitglieder und | |
Freunde mit. Teilweise haben wir seit Jahren feste Feldtruppen", berichtet | |
Claudia Mikosch, die Presseverantwortliche des Hofs. "Die Akquise neuer | |
Arbeiter läuft somit fast von selbst." Nach zwei Monaten Beschäftigung | |
reisen sie laut Mikosch mit durchschnittlich 3.000 Euro Verdienst nach | |
Hause. Die Zusage für das nächste Jahr hätten sie meist schon in der | |
Tasche. | |
Während der überirdisch wachsende grüne Spargel mit maschineller Hilfe | |
recht einfach zu ernten ist, muss der unter aufgeschütteten Erddämmen | |
verborgene weiße Bleichspargel mühsam von Hand gestochen werden. Deutsche | |
haben sich daher vor allem aufs Verspeisen ihres Lieblingssaisongemüses | |
verlegt: Inländische Spargelstecher zu finden, ist nahezu aussichtslos. | |
Eine Hetzkampagne gegen faule deutsche Arbeitslosen ist dennoch nicht | |
angebracht. "Spargelstechen ist eine harte körperliche Arbeit, der man als | |
klassischer Büroarbeiter nicht gewachsen ist. Die Hilfskräfte aus Polen | |
kommen meist aus der Landwirtschaft und bringen somit auch entsprechende | |
Erfahrung mit", sagt Renée Ramm von der Agentur für Arbeit Potsdam, die für | |
die Vermittlung der Saisonkräfte zuständig ist. Daher habe man vor Jahren | |
aufgegeben, die Spargelernte als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu nutzen. Die | |
Abbruchquote sei einfach zu hoch gewesen und habe den Ernteablauf | |
behindert. | |
Aufs Feld kommt daher laut Arbeitsamt nur noch, wer sich freiwillig meldet. | |
In diesem Jahr seien es in der Region 230 Deutsche gewesen. "Die behandeln | |
wir allerdings bevorzugt vor den zahlreichen Anfragen aus dem Ausland", | |
erklärt Ramm. Da insgesamt 20 Prozent der Erntehelfer laut der im Januar | |
2006 verabschiedeten Erntehelferregelung einheimisch sein müssen, behelfen | |
sich die Höfe bei der Einhaltung der Quote: Auf dem Spargelhof Klaistow | |
etwa sind Deutsche vor allem als Fahrer und Verkäufer zu finden. "Wir | |
beschäftigen auch Frauen", sagt Mikosch. "Allerdings verrichten sie eher | |
leichtere körperliche Arbeit und waschen und sortieren den Spargel. | |
Entgegen andersartiger Vermutungen ist die Zahl der polnischen Saisonkräfte | |
nach dem EU-Beitritt Polens im Jahr 2004 bisher kaum zurückgegangen. Und | |
das, obwohl dadurch für Polen leichtere, langfristigere und besser bezahlte | |
Jobs auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten einfacher zugänglich wurden. | |
"Es gibt vereinzelte Anfragen von Bulgaren", meint Ramm, "aber die absolute | |
Mehrheit kommt weiterhin aus Polen. Die Nähe zur Grenze und damit die | |
Möglichkeit, freie Tage zu Hause zu verbringen, machen Brandenburg | |
weiterhin zu einem attraktiven Arbeitsplatz." | |
Verwaiste Spargelfelder sind in den nächsten Jahren somit nicht zu | |
befürchten. Dabei würde sich Klaus Salzsieder von der Finanzkontrolle | |
Schwarzarbeit des Zolls manchmal schon etwas weniger Betrieb wünschen: | |
"Jede Saison führen wir Stichprobenkontrollen auf den Feldern durch, und in | |
15 Prozent der Fälle müssen wir einen Anfangsverdacht der Schwarzarbeit | |
nachverfolgen." Diese Zahl sei seit Jahren konstant und betreffe Arbeiter | |
aller Nationalitäten. | |
Der weiße Spargel bleibt somit ein schmutziges Geschäft. Was seinen | |
Geschmack jedoch nicht beeinflusst: Beelitzer Spargel gibt es jetzt wieder | |
an zahlreichen Verkaufständen und in fast allen Supermärkten Berlins. | |
17 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Juliane Wiedemeier | |
## TAGS | |
Spargel | |
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