# taz.de -- Kommentar Dutschke-Straße: Ein Schlusspunkt von 1968 | |
> Die endgültige Entscheidung des Berliner Oberlandesgerichts für die | |
> Rudi-Dutschke-Straße ehrt Rudi Dutschke - und eine gesellschaftliche | |
> Bewegung: 1968. | |
Die Rudi-Dutschke-Straße ist da. Mit der endgültigen Entscheidung des | |
Berliner Oberlandesgerichts wird nicht nur der Weg frei, Rudi Dutschke als | |
Person zu würdigen. Diese Ehrung gilt auch einer gesellschaftlichen | |
Bewegung, die Deutschland in den letzten vierzig Jahren positiv verändert | |
hat. Dass es genau 40 Jahre gedauert hat vom Attentat bis zur Würdigung, | |
zeigt, wie schwer man sich in diesem Land mit der Historisierung von 1968 | |
und seinen Folgen getan hat. | |
Als führender Denker und Sprecher der außerparlamentarischen Opposition war | |
Dutschke ein zentraler Akteur der Aufbruchsbewegung von 1968. Das Attentat | |
durch einen aufgehetzten Bild-Leser hat ihm eine singuläre Bedeutung | |
verliehen. Darüber hinaus steht Dutschke, der einst in der DDR aufwuchs, | |
mit seinem Werdegang auch für die biografische Entwicklung eines Teils der | |
westdeutschen Gesellschaft, die diese in den Siebzigerjahren bis hin zur | |
Entdeckung der ökologischen Frage führte. | |
Sicherlich ist es historisch gerecht, dass sich die Bild-Zeitung, die | |
gerade erst nach Berlin gezogen ist, samt Axel Springer AG nun an der | |
Dutschke-Straße wiederfindet. Sicherlich ist es von hoher Symbolik, dass | |
die große, schöne Dutschke-Straße Vorfahrt hat: Es symbolisiert die | |
Vorfahrt gesellschaftlicher Bewegungen vor den ökonomisch fixierten | |
Interessen von Wirtschaftsunternehmen. Dennoch ist das allenfalls eine | |
feine, aber kleine Nebenpointe der Geschichte. | |
Man muss ernst nehmen, was ein anderer großer europäischer 1968er gesagt | |
hat: Die Dutschke-Straße materialisiere, "dass 1968 vorbei ist", meint | |
Daniel Cohn-Bendit. Das heißt nicht, dass 1968 schlecht war. Nur dass 2008 | |
der wirklich letzte Jahrestag gewesen sein sollte, an dem die Debatten der | |
Vergangenheit derart raumgreifend diskutiert wurden. Genug, weg damit! | |
Längst geht es um die globalen Auseinandersetzungen der Zukunft, die nicht | |
ohne das Engagement des Einzelnen und die postideologische Vernetzung | |
heterogener gesellschaftlicher und sozialer Gruppen zu lösen sind. Um es | |
optimistisch-lapidar zu sagen: Es braucht eine Weltbewegung. Dass so etwas | |
denkbar sein darf, auch dafür steht die Rudi-Dutschke-Straße. | |
22 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Peter Unfried | |
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