# taz.de -- Straßenkampf beendet: Dutschke trifft Springer | |
> Oberverwaltungsgericht segnet die Umbenennung der Kochstraße in | |
> Rudi-Dutschke-Straße endgültig ab. Grüne, Linkspartei und SPD freuen sich | |
> über den Erfolg nach drei Jahren Straßenkampf. CDU und Springer-Verlag | |
> sind sprachlos. | |
Bild: Da ging es zur Sache: Studentenprotest im April 1968 vor der Springer-Dru… | |
Dem Axel-Springer-Verlag hat es die Sprache verschlagen. Der | |
CDU-Fraktionsvorsitzende Friedbert Pflüger schweigt. Beide hatten sich am | |
Barrikadenbau gegen Rudi Dutschke beteiligt. Nun aber gab das | |
Oberverwaltungsgericht (OVG) bekannt, dass die Kochstraße in | |
Rudi-Dutschke-Straße umbenannt werden darf. Eine Klage von 27 Anliegern, | |
darunter der Axel-Springer-Verlag, wurde in letzter Instanz abgewiesen | |
(siehe Kasten). Bei Grünen, Linkspartei und SPD wurde der Entscheid vom | |
Montag zum Teil euphorisch begrüßt. Der Bürgermeister von | |
Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne), kündigte an, dass die | |
Umbenennung mit einem symbolischen Akt an der Ecke Rudi-Dutschke-, | |
Axel-Springer-Straße begangen werden soll. | |
Ende 2004 hatte die taz angeregt, die Kochstraße nach Rudi Dutschke zu | |
benennen, der Heiligabend 1979 an den Spätfolgen eines Attentats gestorben | |
war. Am 11. April 1968 hatte ein Mann Dutschke mit drei Schüssen | |
lebensgefährlich verletzt. Am selben Abend hatten Demonstranten der | |
Studentenbewegung in der Kochstraße versucht, die Auslieferung von | |
Zeitungen des Springer-Verlags zu verhindern. Insbesondere dem | |
Springer-Blatt Bild wurde vorgeworfen, mit seiner Kampagne gegen Dutschke | |
mitverantwortlich für Schüsse zu sein. | |
In der Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg votierte | |
eine Mehrheit aus Grünen und PDS für die Idee der taz. Die CDU war Anfang | |
2007 mit dem Versuch gescheitert, den alten Straßennamen per | |
Bürgerentscheid zu retten. Mit der Abweisung der Anwohnerklage ist nun das | |
letzte Hindernis aus dem Weg geräumt. | |
"Wir begrüßen außerordentlich, dass die Umbenennung jetzt rechtskräftig | |
ist", sagte Dirk Behrendt, rechtspolitischer Sprecher der Grünen. "Der | |
langjährige Widerstand des Axel-Springer-Verlages wurde damit gebrochen." | |
Sein Parteikollege, der Kreuzberger Bundestagsabgeordnete Christian | |
Ströbele, wollte gleich in die Dutschke-Straße 1 ziehen. "Allerdings ohne | |
zu prüfen,was dort ist", sagte Ströbele der taz. | |
Klaus Lederer, Landesvorsitzender der Linkspartei, begrüßte das Urteil: | |
"Dass die Kritiker bis in die letzte Instanz gegangen sind zeigt, dass der | |
Kampf um die Deutungshoheit der 68er noch nicht beendet ist". | |
Bei Straßennamen gehe es stets darum, der Nachwelt ein Stück Geschichte zu | |
hinterlassen, erklärte Christian Gaebler, parlamentarischer Geschäftsführer | |
der SPD-Fraktion. Daher begrüße er die Würdigung. "Straßen müssen nicht | |
immer nur nach den ganz Großen benannt werden", so Gaebler. | |
Die Ehrung sei begrüßenswert, sagte selbst Philipp Stein, Sprecher des | |
Mayday-Bündnisses, das eine der drei Kreuzberger Demonstrationen am 1. Mai | |
organisiert. Es sei aber fatal, wenn die Umbenennung zu einer | |
Historisierung von Dutschke führen würde. "Man muss sie als Auftrag sehen, | |
sich auch heute nicht mit den gesellschaftlichen Zustände abzufinden", so | |
Stein. | |
Helge Malchow, Verleger von Dutschkes Tagebüchern, sagte: "Dutschke ist | |
eine umstrittene, aber bedeutsame Figur der Zeitgeschichte, die seit 1968 | |
der Geschichte der Bundesrepublik eine Reihe von positiven Impulsen gegeben | |
hat. Ich halte es für angemessen und richtig, dass diese | |
Straßennamensänderung vorgenommen worden ist." | |
Dutschkes Sohn Marek freute sich über die "konstruktive Verarbeitung der | |
Geschichte". "Ich bin froh, dass endlich die Ecke der Versöhnung | |
zustandekommt", sagte Dutschke in Anspielung auf ihre Nähe zur | |
Axel-Springer-Strasse. Er wisse, dass es andere Positionen gebe. "Aber ich | |
finde, es ist besser, die Geschichte konstruktiv zu verarbeiten, als im | |
alten Lagerdenken verhakt zu bleiben". GA, TOK, PU | |
22 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Feierliches Ende des Straßenkampfs: Dutschke wird aufs Schild gehoben | |
Am Mittwoch wird die Kochstraße offiziell in Rudi-Dutschke-Straße | |
umbenannt. Bezirksbürgermeister enthüllt die Schilder. Christian Ströbele, | |
Wirtschaftssenator Wolf und Dutschkes Familie vor Ort. Demo weiht die | |
Straße ein. taz lädt zum Fest. | |
Einweihung, Demo & taz-Fest: Rudi-Dutschke kommt aufs Schild | |
Am Mittwoch wird die Kochstraße offiziell in Rudi-Dutschke-Straße | |
umbenannt. Der Bezirksbürgermeister enthüllt die Schilder, Christian | |
Ströbele, Wirtschaftssenator Wolf und Dutschkes Familie sind vor Ort. | |
Ende des Berliner Straßenkampfs: Dutschke kreuzt jetzt Springer | |
Große Ehrung 40 Jahre nach dem Attentat auf Rudi Dutschke: Sein Name steht | |
jetzt auf einem Straßenschild in Berlin - und hat sogar Vorfahrt vor der | |
Axel-Springer-Straße | |
Kommentar Dutschke-Straße: Ein Schlusspunkt von 1968 | |
Die endgültige Entscheidung des Berliner Oberlandesgerichts für die | |
Rudi-Dutschke-Straße ehrt Rudi Dutschke - und eine gesellschaftliche | |
Bewegung: 1968. | |
Springer-Klage abgeschmettert: Die Dutschke-Straße kommt | |
Nach vier Jahren ist sie endlich legalisiert: die von der taz initiierte | |
Rudi-Dutschke-Straße. Und die Vorfahrt vor der Axel-Springer-Straße bleibt | |
auch. | |
Dutschke-Sohn über Dutschke-Straße: "Ecke der Versöhnung" | |
Marek Dutschke, Sohn des verstorbenen Studentenführers, sieht die | |
Rudi-Dutschke/Springer-Strassenkreuzung als "konstruktive Verarbeitung der | |
Geschichte". |