# taz.de -- Umgang mit Hutu-Milizführer: Ruanda fordert deutsche "Maßnahmen" | |
> UN-Sanktionen gegen den in Deutschland lebenden ruandischen | |
> FDLR-Milizenführer Ignace Murwanashyaka müssen umgesetzt werden, fordert | |
> Ruandas Präsident in Berlin. | |
Bild: Sie nehme das UN-Sanktionsregime "sehr ernst", sagte Merkel beim Treffen … | |
BERLIN taz Ruandas Präsident Paul Kagame hat die Bundesregierung | |
aufgefordert, "Maßnahmen" im Falle des in Deutschland lebenden Führers der | |
ruandischen Terrormiliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), | |
Ignace Murwanashyaka, zu ergreifen. "Die deutsche Regierung muss dieses | |
Problem angehen", sagte Kagame am späten Mittwoch bei einer Pressekonferenz | |
mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Unter Verweis auf die | |
geltenden UN-Sanktionen gegen Murwanashyaka fügte Kagame hinzu: "Man kann | |
nicht einerseits eine Resolution unterstützen und andererseits die sich | |
daraus ergebenden Kontrollmaßnahmen nicht umsetzen." | |
Die FDLR ist eine in der Demokratischen Republik Kongo basierte Armee | |
ruandischer Hutu-Kämpfer, die aus den Strukturen hervorgegangen ist, die | |
1994 in Ruanda einen Völkermord an über 800.000 Menschen verübten. | |
Zahlreiche Völkermordverantwortliche gehören zur FDLR-Führungsriege; die | |
Gruppierung selbst ist für schwere Verbrechen in Kongo und Ruanda | |
verantwortlich. FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka leitet die Gruppierung | |
von Deutschland aus. Seit November 2005 gelten gegen ihn | |
Reisebeschränkungen und Finanzsanktionen der UNO und EU. Erst 2006 begannen | |
die deutschen Behörden, Murwanashyakas Auslandsreisen zu unterbinden, und | |
bis heute bleibt er trotz eines Verbots politischer Aktivitäten im Amt. | |
"Wir werden diese Situation sehr genau angucken", sagte Angela Merkel dazu. | |
"Wir nehmen das UN-Sanktionsregime sehr ernst und werden auf dieser | |
Grundlage weiterarbeiten". | |
In einem Vortrag vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in | |
Berlin erklärte Kagame weiter, das Problem der "negativen Kräfte" - der in | |
der afrikanischen Diplomatie übliche Begriff für irreguläre Milizen wie die | |
FDLR - sei das "unerledigte Geschäft" des Afrika der Großen Seen, das | |
ansonsten "große Fortschritte" auf dem Weg von einem Konfliktgebiet zu | |
einer Region der Entwicklungschancen gemacht habe. Diese Milizen müssten | |
entwaffnet werden, gemäß der vielen Friedensabkommen der letzten Jahre. | |
"Die Nichtumsetzung davon mag etwas mit mangelndem politischen Willen zu | |
tun haben", so der ruandische Präsident. "Die internationale Dimension | |
dieses Problems wird sehr stark von der Zurückhaltung von Regierungen | |
weltweit illustriert, Schlüsselfiguren zur Verantwortung zu ziehen, die für | |
den Völkermord verantwortlich waren und weiterhin extremistische Politik | |
vertreten." | |
Kagame sagte, es sei höchste Zeit, die UN-Resolution 1804 vom 13. März | |
umzusetzen, die die sofortige Entwaffnung der FDLR vorsieht und alle | |
UN-Mitgliedstaaten aufruft, "finanzielle, technische oder andere | |
Unterstützung zugunsten der FDLR" von ihrem Staatsgebiet aus oder durch | |
ihre Staatsbürger zu unterbinden. "Wir rufen unsere europäischen Partner, | |
besonders Deutschland, dazu auf, dabei die Führung zu übernehmen." | |
Wie einflussreich die Ideologie der ruandischen Völkermordapologeten in | |
Deutschland ist, zeigte sich unterdessen in den linksliberalen | |
Tageszeitungen Junge Welt und Frankfurter Rundschau, die anlässlich des | |
Kagame-Besuchs in Meinungsbeiträgen zentrale Thesen der FDLR wiedergaben. | |
So machte der Schriftsteller Hans-Christoph Buch gestern in der Frankfurter | |
Rundschau in einem "offenen Brief" an Bundespräsident Horst Köhler Kagame | |
indirekt für den von seinen Gegnern in Ruanda verübten Völkermord | |
verantwortlich, aufgrund einer fälschlich als "rechtskräftiges Urteil" | |
bezeichneten Anklageschrift eines französischen Untersuchungsrichters. | |
Wenige Tage zuvor hatte die FDLR in einem eigenen "offenen Brief" an Köhler | |
ähnlich argumentiert. | |
24 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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