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# taz.de -- Verdacht auf Teilnahme am Völkermord: Deutschland verhaftet Ruander
> Ein ruandischer Exbürgermeister wird in Hessen festgenommen. Er wurde von
> Ruandas Justiz und Interpol gesucht, weil er am Völkermord an den Tutsi
> 1994 mitgewirkt haben soll
Bild: Rwabukombe muss sich nun vor einem ruandischen Gericht zu seiner Rolle be…
BERLIN taz | Zum ersten Mal ist in Deutschland ein flüchtiger mutmaßlicher
Mittäter des Völkermords in Ruanda 1994 festgenommen worden. Onesphore
Rwabukombe, während der organisierten Massaker an über 800.000 Menschen in
Ruanda zwischen April und Juni 1994 Bürgermeister der nordruandischen
Gemeinde Muvumba, wurde am Mittwoch im südhessischen Gelnhausen
festgenommen. "Die deutsche Polizei prüft jetzt Auslieferungsdokumente",
zitierte die ruandische Tageszeitung New Times am Samstag den Koordinator
der ruandischen Behörde zur Aufspürung flüchtiger
Völkermordverantwortlicher, John Bosco Mutangana.
Die Festnahme erfolgte am gleichen Tag, an dem Ruandas Präsident Paul
Kagame in Berlin bei Gesprächen unter anderem mit Bundeskanzlerin Angela
Merkel ein aktiveres Vorgehen Deutschlands und anderer europäischer Länder
gegen flüchtige mutmaßliche Völkermordtäter und gegen die in Deutschland
residierende Führung der aus den Völkermordmilizen hervorgegangenen
bewaffneten Gruppe FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas)
forderte.
Rwabukombe steht als Nummer 435 auf der amtlichen ruandischen Liste
gesuchter Verantwortlicher des Genozids. Er war damals nicht nur
Bürgermeister, sondern auch Mitglied des Kreisvorstands der damaligen
ruandischen Regierungspartei MRND (Ruandische Nationalbewegung für
Entwicklung). Deren Jugendmiliz "Interahamwe" war 1994 ausführendes Organ
und eine der wichtigsten treibenden Kräfte der Massaker. Seit 2007 steht
Rwabukombe auf der "roten" Fahndungsliste von Interpol unter anderem wegen
Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und transnationalem
organisiertem Verbrechen. Nach ruandischen Angaben wurde der Haftbefehl
gegen ihn vor fünf Monaten an die deutschen Behörden übermittelt.
Während der Massaker, so die ruandische Anklage, hetzte Rwabukombe die
Hutu-Bewohner seiner Gemeinde Muvumba zum Töten der dortigen Tutsi auf und
nahm in der nahe gelegenen Gemeinde Murambi selbst an Massakern teil, weil
sich dorthin zahlreiche Tutsi, unter anderem aus Muvumba, geflüchtet
hatten.
Sein damaliger Bürgermeisterkollege in Murambi, Jean-Baptiste Gatete, wurde
bereits 2002 in der Demokratischen Republik Kongo festgenommen und an das
UN-Ruanda-Tribunal ausgeliefert, wo er auf seinen Prozess wartet. Gatete
gehört zu den Angeklagten, deren Fälle demnächst an die ruandische Justiz
weitergeleitet werden sollen. Wie lange sich Rwabukombe in Deutschland
aufgehalten hatte, ist unklar. Er findet sich nicht auf der 93 Namen
umfassenden offiziellen ruandischen Liste von im Ausland lebenden und mit
Haftbefehl gesuchten Völkermordverantwortlichen.
Als in Deutschland lebend steht auf dieser Liste nur Vénuste Nyombayire,
ehemaliger Direktor des SOS-Kinderdorfes von Gikongoro im Südwesten
Ruandas. Hier befand sich gegen Ende des Völkermordes das Hauptquartier der
französischen Interventionstruppe "Turquoise", deren Offiziere nach
Aussagen von Völkermordüberlebenden und Augenzeugen auf dem Gelände des
SOS-Kinderdorfes Treffen mit Interahamwe-Milizenführern abgehalten haben
sollen.
Auch Nyombayire steht auf der Interpol-Fahndungsliste, auf deren Grundlage
die Festnahme Rwabukombes erfolgte.
28 Apr 2008
## AUTOREN
Dominic Johnson
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