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# taz.de -- Bausektor kollabiert: Spaniens Immobilienblase platzt
> In Spanien bricht der Verkauf von Wohnungen ein. Großzügige
> Kreditvergabe, horrende Wohnungspreise und Schwarzgeld rächen sich nun.
Bild: Nirgendwo in Europa hat der Bausektor so geboomt wie in Spanien - jetzt w…
MADRID taz Seseña, ein 12.000 Seelendorf vor den Toren Madrids, galt bis
vor Kurzem als Symbol für den spanischen Spekulationsboom mit Immobilien
schlechthin. 13.500 zusätzliche Wohnungen für 50.000 Menschen sollten hier
errichtet werden. Lokalpolitiker wurden bestochen, andere bedroht. Jetzt,
da Spaniens Spekulationsblase platzt und der Bausektor in die Krise gerät,
ist Seseña wieder das Symbol. Die 5.000 fertig gestellten Neubauten drohen
zu einer weithin sichtbaren Bauruine zu verkommen.
Nur 750 Einwohner zählt das örtliche Register in dieser Makrosiedlung an
der Autobahn. Denn viele der Wohnungen wurden gekauft, um damit zu
spekulieren oder um sie zu vermieten. Jetzt will sie keiner mehr. Und wer
hierhergezogen ist, will weg. "Zu verkaufen" steht überall angeschrieben.
So auch am Balkon von Josés Wohnung. Er hatte daran gedacht, die Wohnung zu
vermieten, um den Kredit abzuzahlen. Doch es fand sich niemand. Monatelang
hatte er Anzeigen in verschiedenen Zeitungen aufgegeben. Letztendlich
verzichtete er auf den Kauf und verlor die Anzahlung in Höhe von mehreren
tausend Euro.
Nicht nur Privatverkäufer, auch die Großen der Immobilienbranchen haben
Probleme, ihre Wohnungen zu verkaufen. Auf der gerade zu Ende gegangenen
Immobilienfachmesse in Madrid, der größten Spaniens, gab es allerlei
Lockangebote. "Ein Jahr ohne Raten", "ein Einkaufsgutschein für Möbel im
Wert von 12.000 Euro" oder "ein Kleinwagen mit ihrer Wohnung" lauteten nur
einige davon.
Der Grund ist einfach. Nirgendwo in Europa hat der Bausektor im letzten
Jahrzehnt so geboomt wie in Spanien. Die Wohnungspreise stiegen bis zu 500
Prozent. Wer sich überhaupt noch eigene vier Wände leisten kann, ist
restlos überschuldet. Der Zyklus geriet so an sein Ende. Im ersten Quartal
2008 wurden 28 Prozent weniger Wohnung verkauft als im gleichen Zeitraum
des Vorjahres, die Preise fallen. Der Bausektor, der in den letzten zehn
Jahren der Motor des außerordentlich hohen Wirtschaftswachstum in Spanien
war, gerät in die Krise. Der Verkauf von Baumaterialien ging in nur einem
Jahr um 15 Prozent zurück. Die Arbeitslosigkeit steigt rasant. Ein
Teufelskreis zeichnet sich ab. Die Geldinstitute bekommen es mit der Angst
zu tun. Miguel Blesa spricht offen aus, was andere verschweigen: "Der
Anteil der Backsteine an den Bilanzen macht Angst", erklärt der Präsident
der größten spanischen Sparkasse, Caja Madrid.
Zwar gibt es in Spanien keine Risikohypotheken wie in den USA, doch war die
Politik der Banken bei der Kreditvergabe alles andere als rigoros. Viele
Geldinstitute finanzieren Wohnungen ohne Anzahlung. Eine Bescheinigung über
Schwarzeinkünfte wurde als Ergänzung zum Lohnzettel akzeptiert. Hatten die
Hypotheken vor zehn Jahren noch eine Laufzeit von maximal 25 Jahren, sind
es mittlerweile bis zu 50 Jahren.
Jetzt rächt sich diese Politik. Insgesamt stehen die Spanier bei den Banken
mit einem Betrag in der Kreide, der dem BIP des Landes entspricht. 60
Prozent der Bankkredite entfallen auf Immobilien. Experten glauben, dass 20
Milliarden Euro an unsichere Kandidaten verliehen wurden. Bereits jetzt
vermelden die Geldinstitute Zahlungsrückstände von insgesamt 6,1 Milliarden
Euro. In den letzten zwölf Monaten ist die Zahl derer, die ihre Schulden
nicht mehr zurückzahlen, um 70 Prozet gestiegen. Noch betrifft dies nur 1
Prozent der Kredite. Doch die Vorhersagen sprechen von bis zu 5 Prozent zum
Jahresende. Die Rücklagen der Banken für solche Fälle wären dann in nur
einem Jahr aufgebraucht.
27 Apr 2008
## AUTOREN
Reiner Wandler
Reiner Wandler
## TAGS
Banken
Spanien
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