# taz.de -- Bürgerentscheid in Berlin: Das Volk schließt Tempelhof | |
> Nur 530.000 Ja-Sager: Der Volksentscheid über den Flughafen Tempelhof ist | |
> gescheitert. Die Debatte über die Berliner Airports wird nicht abreißen: | |
> Beide Seiten sehen sich als Sieger. | |
Bild: Niedergestimmt: Flughafen Tempelhof | |
BERLIN taz Das Ergebnis ist eindeutig. Gut 60 Prozent der Abstimmenden | |
votierten am Sonntag in Berlin für den Weiterbetrieb des Flughafens | |
Tempelhof. Doch es stimmten lediglich 530.231 Berliner für die Offenhaltung | |
des City-Airports. Für einen Erfolg des Volksentscheids wären 609.509 | |
Stimmen, das sind 25 Prozent der Wahlberechtigten, nötig gewesen. Der | |
Entscheid ist damit gescheitert. Die Debatte aber geht weiter. Denn | |
Befürworter wie Gegner von Berlins ältestem Aiport fühlen sich durch die | |
Abstimmung bestätigt. | |
Zwar war die Stimmung im einstigen Restaurant des Flughafens, wo die | |
Tempelhoffans feierten, alles andere als euphorisch. Schon die Meldung, | |
dass die Wahlbeteiligung niedrig blieb, lies wenig Freude aufkommen bei den | |
Unterstützern der Interessengemeinschaft City-Airport (Icat). Doch vom | |
Scheitern will hier selbst nach Bekanntgabe des Ergebnisses niemand reden. | |
Stattdessen sind Durchhalteparolen angesagt. "Wir haben gewonnen", ruft | |
CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger in die Menge. "Der Kampf um Tempelhof | |
geht weiter!" | |
Das meint auch Elmar Giemulla, Professor für Luft- und Verwaltungsrecht an | |
der TU Berlin: "Der Landesentwicklungsplan ist nicht das Elfte Gebot, da | |
muss man sich nicht dran halten", ruft der Jurist in die applaudierende | |
Menge. Dann hebt der Luftfahrtexperte völlig ab und argumentiert unter | |
zotigem Gelächter, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit halte sich | |
schließlich auch an nur eines der Zehn Gebote. Das heiße "Du sollst nicht | |
begehren deines nächsten Weib". | |
Etwas sachlicher fallen die Reaktionen im DGB-Haus aus. Die hier | |
versammelten Flughafengegner müssen aber auch auf die emotionalisierende | |
Verkündung des Abstimmungsergebnisses verzichten. Denn im entscheidenden | |
Moment fallen Ton und Bild aus. "Bürgerinitiativentechnik eben", | |
entschuldigt sich der Mann an den Laptops. | |
Nachdem sich das Ergebnis herumgesprochen hat, wird aber auch hier fröhlich | |
heruminterpretiert. Mit dem Slogan "Wer nicht hingeht, stimmt mit Nein" | |
habe die Icat versucht, die Berliner an die Urne zu treiben, ruft Tilmann | |
Heuser, Landesgeschäftsführer des BUND, in ein Mikrofon. "Also haben 80 | |
Prozent der Berliner dagegen gestimmt", rechnet Heuser hoch. Jubel und | |
Applaus branden auf. | |
Selbstkritischer zeigt sich Carola Bluhm. Man habe die Emotionen der | |
Berliner unterschätzt, sagt die Fraktionschefin der Linkspartei. Sie | |
fordert, die Flughafenbefürworter nun bei der Entwicklung des | |
Nachnutzungskonzepts mit ins Boot zu holen. | |
Auch Irmgard Frauke-Dressler, Landeschefin der Grünen, freut sich über das | |
Ergebnis. Die Stimmung sei in den letzten Tagen gekippt. "Die Icat-Kampagne | |
war zu dicke." | |
Klaus Wowereit (SPD), den die Opposition wegen seines starren Festhaltens | |
an der Flughafenschließung ins Zentrum ihrer Kampagne gerückt hatte, zeigte | |
sich auf keiner der beiden Veranstaltungen. Ursprünglich hatte er am Abend | |
gar in die Oper gehen wollen. Nach dem Scheitern des Volksentscheids gab er | |
sich versöhnlich. "Ich habe Verständnis für die Empfindungen von Menschen, | |
die aus emotionalen oder historischen Gründen mit der Schließung des | |
Flughafens nicht einverstanden sind", erklärte der Regierender | |
Bürgermeister. | |
Allerdings belege das Ergebnis auch, dass deutlich mehr als drei Viertel | |
der Berliner entweder mit Nein stimmten oder sich erst gar nicht | |
beteiligten. "Deshalb bitte ich darum, dass nun auch die Befürworter eines | |
weiteren Flugbetriebs diese Mehrheit respektieren", sagte Wowereit weiter. | |
GA, PLU, WS | |
27 Apr 2008 | |
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