# taz.de -- Kommentar Birma: Zyklon und Zynismus | |
> Die Militärjunta muss das geplante Referendum dringend verschieben - die | |
> Hilfe für Überlebende hat Vorrang. | |
Bild: Die Leute wollen Trinkwasser statt einer Abstimmung? Das lässt die Junta… | |
Noch ist das ganze Ausmaß der Katastrophe nicht abzusehen, die der schwere | |
Zyklon "Nargis" in dem südostasiatischen Staat Birma verursacht hat. Mit | |
sich brachte er Tod und Zerstörungen in der Metropole Rangun sowie der | |
Küstenregion, die von einer meterhohen Flutwelle überschwemmt wurde, und | |
forderte womöglich mehr als 10.000 Menschenleben. Trotzdem hält Birmas | |
Militärjunta an einer Abstimmung über eine neue Verfassung fest, die sie | |
für Samstag angesetzt hatte. | |
Zwanzig Jahre lang wurde der Bevölkerung eine Mitsprache vorenthalten. | |
Diese ausgerechnet jetzt durchziehen zu wollen, erweckt den Verdacht | |
unlauterer Absichten. Noch aber hält die Junta am Termin des Referendums | |
fest. Und sie ziert sich, dringend benötigte Hilfe ins Land zu lassen. | |
Unklar ist, ob die Militärs dies aus zynischem Machtkalkül tun - oder ob | |
ihnen in ihrer neuen "Hauptstadt" im Landesinneren nur der Überblick fehlt | |
über die verheerenden Zerstörungen, die der Zyklon an der Küste angerichtet | |
hat. | |
Tatsächlich hängen die beiden Fragen zusammen, denn die Junta wollte ihr | |
Referendum unter Ausschluss der Öffentlichkeit abhalten lassen. Der Zyklon | |
hat dieses Kalkül nun durchkreuzt. Sollten nun ausländische Helfer ins Land | |
gelassen werden, so wäre das heikel für das Regime. Denn diese Helfer | |
könnten als Zeugen der Abstimmung von geringer Wahlbeteiligung, hoher | |
Ablehnung oder gar Protesten berichten. Das Militär steht deshalb vor dem | |
Dilemma: entweder die Abstimmung zu verschieben und Hilfe ins Land zu | |
lassen. Oder weiter am Votum festzuhalten und auf Hilfe zu verzichten. Es | |
dürfte versucht sein, ausländische Hilfe nur selektiv, von "wohlgesinnten" | |
Staaten wie etwa China, anzunehmen. | |
Eine Verschiebung des Referendums ist dringend geboten: Zum einen muss | |
Hilfe für die Überlebenden jetzt absolut Vorrang haben. Zum anderen kann | |
eine glaubwürdige Abstimmung in den Katastrophengebieten eh nicht mehr | |
durchgeführt werden. Wo es keinen elektrischen Strom, keine | |
Transportmöglichkeiten und kein Trinkwasser mehr gibt, müssen elementare | |
menschliche Bedürfnisse Priorität haben. Alles andere würde die Junta | |
ohnehin noch unbeliebter machen. | |
6 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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