# taz.de -- Google öffnet sein Reklamenetz: Werbeindustrie kriegt Nutzerdaten | |
> Googles Reklamenetzwerk ist gigantisch: Millionen von Websites enthalten | |
> die so genannten Adsense-Anzeigen. Nun sollen auch dritte Parteien, | |
> darunter Werbeagenturen, Zugriff erhalten. | |
Bild: Google findet es toll, dass endlich auch andere Werbeanbieter über Adsen… | |
Wer sich im Netz bewegt, kommt um Google nicht herum: Selbst wenn man die | |
Suchmaschine oder den E-Mail-Dienst des Internet-Konzerns nicht verwendet, | |
wird man doch auf Millionen von Websites mit Text- und Bildreklame des | |
Unternehmens konfrontiert. Diese Werbeeinblendungen, von Google unter dem | |
Namen "Adsense" vermarktet, verschaffen vielen Online-Angeboten zusätzliche | |
Einnahmen. Google spielt dabei den Makler: Der Internet-Konzern nimmt | |
Werbeschaltungen an und blendet sie dann automatisiert auf mit | |
Adsense-ausgestatteten Web-Angeboten von Dritten möglichst passend | |
("kontextsensitiv") ein. Die Site-Betreiber erhalten dafür dann einen | |
Anteil vom Umsatz, den der Werbekunde pro Klick an Google bezahlen muss. | |
Bei größeren Angeboten können da durchaus ein paar Tausender im Monat | |
zusammenkommen, so leben auch viele US-Weblogs von dem Dienst. | |
Bislang hatte man es bei Adsense stets mit Google selbst zu tun: Der | |
Internet-Konzern brachte die Werbekunden heran und bezahlte. Auch die | |
anfallenden Nutzerdaten wurden bislang nur bei Google gespeichert - etwa, | |
welche Werbung bereits angeklickt oder welche dem Nutzer bereits mehrfach | |
vorgeführt wurde. Doch diese Geschlossenheit verändert sich nun: Google | |
öffnet sein Werbenetz gegenüber Dritten. Das zunächst in Nordamerika | |
startende Pilotprojekt ermöglicht es zehn großen Internet-Werbeagenturen | |
und Vermarktern, so wie Google im Adsense-Netzwerk zu werben, Klicks | |
einzusammeln und (über Google) zu bezahlen. Ihnen wird damit das Potenzial | |
eröffnet, auf Millionen neuer Websites zu werben. Google selbst feiert | |
diesen Schritt: Die Adsense-Nutzer könnten so potenziell mehr Umsatz machen | |
und ihren Besuchern gar "passendere Anzeigen" vorsetzen, die ihr | |
"Weberlebnis verbessern" werde. So soll die Reklame etwa multimedialer | |
sein. | |
Datenschützern, die bereits jetzt aufgrund der großen Informationsmengen, | |
die Google über seine Nutzer sammelt (und mindestens 18 Monate speichert), | |
Kritik üben, schmeckt das Vorhaben überhaupt nicht. Jeffrey Chester, | |
Direktor der US-Nutzervereinigung Zentrum für digitale Demokratie (CDD), | |
sagte gegenüber dem IT-Blatt "PC World", Google erlaube so künftig das so | |
genannte "behavioral targeting" durch Dritte in seinem Netz, ohne dass die | |
meisten Nutzer verstünden, welche Auswirkungen das habe. Die potenziellen | |
Gefahren ergeben sich aus der Reichweite, die Adsense inzwischen hat. Schon | |
jetzt kann Google, wenn es das will, mit Hilfe so genannter Cookies | |
verfolgen, wie sich ein Nutzer über die mit der Reklameform ausgestatteten | |
Websites bewegt, schließlich enthält jede dieser Seiten Codeschnipsel, die | |
von Googles Servern kommen. Genau das dürften nun auch Dritte, fürchtet | |
Chester. | |
"Behavioral targeting", das Ansprechen bestimmter Nutzergruppen aufgrund | |
ihres Online-Verhaltens, wird immer populärer. So können Werbetreibende | |
etwa Reklame für ein bestimmtes Flugsonderangebot nur dann einblenden, wenn | |
sich ein Nutzer zuvor für genau diese Strecke interessiert hat. Je größer | |
die Anzahl der Angebote, die die Online-Nutzung mitzeichnen können, desto | |
wertvoller sind solche Daten. Sie bleiben allerdings stets anonym: Mit | |
persönlichen Informationen verknüpfen weder Google noch viele andere | |
Werbetreibenden die Datenspur. Allerdings lässt sich das Webverhalten mit | |
Hilfe der verwendeten Internet-Adresse (IP) zumindest auf einen bestimmten | |
Rechner zurückverfolgen. | |
Google sieht keine Datenschutzgefahren bei der neuen Öffnung des | |
Adsense-Netzwerks: Man zertifiziere jede dritte Partei, die in dem | |
Reklamenetz wirbt, einzeln und schließe diejenigen aus, die sich nicht an | |
die Regeln hielten. Auch könnten Website-Betreiber mit | |
Adsense-Unterstützung jederzeit selbst entscheiden, ob sie Dritten Zugriff | |
auf ihre Werbeplätze geben wollten. Dass sich hier jedoch Bedeutsames tut, | |
ergibt sich schon allein daraus, dass Google seinen Adsense-Nutzern | |
empfiehlt, ihre Datenschutzbestimmungen zu verändern. "Sie müssen Ihre | |
Besucher darüber informieren, das Dritte auf Ihrer Website werben und die | |
Anzeige von Reklame verfolgen können." | |
3 Jun 2008 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
EuGH | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nutzerdaten von Online-Plattformen: EuGH schränkt Datenspeicherung ein | |
Laut EuGH dürfen Nutzerdaten nicht unbegrenzt gespeichert werden. Das | |
Urteil habe Grundsatzcharakter, sagen Aktivisten. |