# taz.de -- Italiener Daniele De Rossi: Doch keine Muttersöhnchen | |
> Einer der Italiener-Garanten des Viertelfinaleinzugs war Daniele De | |
> Rossi. Zu Hause ist man sicher, dass von dem Römer noch viel zu hören | |
> sein wird. | |
Bild: Gegenwart und Zukunft der Nationalmannschaft: Daniele De Rossi | |
Es war genau vor zwei Jahren, am 17. Juni 2006, als Daniele De Rossi einen | |
schweren Fehler beging. Im zweiten WM-Gruppenspiel der Italiener gegen die | |
USA (1:1) stieg der Mittelfeldspieler in der 26. Minute zum Kopfball hoch | |
und schlug dem Amerikaner Brian McBride den Ellenbogen ins Gesicht. De | |
Rossi wurde des Platzes verwiesen und für vier Spiele gesperrt. Erst im | |
WM-Finale gegen Frankreich kam er wieder zum Einsatz, als Marcello Lippi | |
ihn für Francesco Totti einwechselte. De Rossi traf im Elfmeterschießen und | |
wurde Weltmeister. Mit 22 Jahren und mit mehr Fortune als Verstand | |
Heute ist De Rossi 24 Jahre alt und so etwas wie Gegenwart und Zukunft der | |
Nationalmannschaft. Im entscheidenden EM-Gruppenspiel zwischen Italien und | |
Frankreich trieb der Mittelfeldspieler vom AS Rom sein Team nach vorne, | |
versuchte vor dem Strafraum die Lücken zu füllen, die die Franzosen rissen. | |
Es gelang ihm ausgezeichnet. Im Rücken des Fantasiespielers Andrea Pirlo | |
organisierte De Rossi pragmatisch und wie immer mit vollem Einsatz. Sein | |
Freistoßtor zum 2:0 war nicht nur für ihn Belohnung, sondern sicherte | |
Italien den Einzug ins Viertelfinale. Voller Ekstase lief De Rossi zur | |
Außenlinie und sprang Ersatzspieler Alessandro Gamberini in die Arme. Der | |
sagte später: "Daniele ist einer der besten Mittelfeldspieler der Welt." | |
Längst haben es viele europäische Spitzenklubs auf De Rossi abgesehen, auch | |
der FC Bayern. Doch wie sein Mannschaftskollege und Mentor beim AS Rom, | |
Francesco Totti, gilt De Rossi als unverkäuflich. Er, der in der Squadra | |
Azzurra Tottis Trikot mit der Nummer 10 geerbt hat, ist zu wertvoll. | |
"Capitano futuro" nennen sie ihn in bei der Roma, den zukünftigen Kapitän. | |
Wenn Totti aufhört, wird er der Chef: Daniele De Rossi, gebürtig in der | |
Vorstadt Ostia, in den Jugendmannschaften des AS Rom groß geworden. Im | |
kommenden Jahrzehnt wird er einer derjenigen sein, die Italiens Fußball und | |
den der Nationalmannschaft prägen. | |
Trotz dessen offensichtlichen Stärken hatte Trainer Roberto Donadoni beim | |
EM-Auftakt gegen Holland überraschend auf den Römer verzichtet, der das | |
fassungslos entgegennahm. Noch immer wird in Italien gemunkelt, Donadoni | |
habe nach einem Anruf des Milan-Besitzers Silvio Berlusconi, im Nebenamt | |
auch Ministerpräsident, den Mittelfeldblock des AC Mailand (Gattuso, Pirlo, | |
Ambrosini) eingesetzt. Donadoni bestreitet dies, wird aber so schnell nicht | |
mehr auf De Rossi verzichten, auch nicht im Viertelfinale gegen Spanien. | |
Pirlo, der mit seinem Elfmetertor nach Abidals Foul an Toni den Sieg | |
einleitete, sowie Gennaro Gattuso sind gesperrt. De Rossi vereinigt das | |
Kämpferische Gattusos mit dem Vorwärtsdrang und der Schusstechnik Pirlos | |
und wird dadurch zum entscheidenden Mann. | |
Apropos Mann. "Wir haben nun alle zum Schweigen gebracht, die uns | |
Muttersöhne genannt haben", protestierte De Rossi in breitem Römisch nach | |
dem Spiel gegen die Häme der Presse, die den jämmerlichen EM-Start der | |
Italiener beklagt hatte. "Wir sind richtige Männer", erinnerte auch das | |
Kraftpaket Gattuso vor Fernsehkameras. Diese Tatsache hatte die Heimat nach | |
der Holland-Pleite und dem glücklichen 1:1 gegen Rumänien stark in Zweifel | |
gezogen. Dass der verheiratete Vater De Rossi, (blond, blauäugig und in | |
Italien deshalb weitgehend als omnipotent angesehen) als Schwulenikone | |
gilt, ließ die beinharte Fußballpresse gnädigerweise außen vor. Vielleicht | |
kommt der Weltmeister nun langsam auf Kurs. Wer die Richtung angibt, ist | |
klar: Daniele De Rossi. | |
18 Jun 2008 | |
## AUTOREN | |
Julius Müller-Meiningen | |
## TAGS | |
Fußball | |
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zurück, stets beim selben Klub. Und immer war er auch Fan des Vereins. |