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# taz.de -- Nigerianische Filme bald in Cannes: Nollywood
> Die nigerianische Filmindustrie boomt. Doch auf internationalen Festivals
> spielen sie keine Rolle. Damit sich das ändert, suchen nigerianische
> Filmschaffende jetzt Rat in Hollywood.
Bild: Künftig wird wohl der rote Teppich auch für nigerianische Filmstars aus…
Aus den Reihen der Zuhörer meldet sich Dino Melaye zu Wort. Im
nigerianischen Fernsehen werde gerade zur besten Sendezeit eine
mexikanische anstatt einer einheimischen Seifenoper ausgestrahlt, beschwert
sich der nigerianische Parlamentsabgeordnete. Vom Podium aus kontert Said
Dibinga: "Sie sind doch nach Los Angeles geflogen, oder nicht? Na, dann
hätten Sie besser das Geld dazu benutzt, selbst eine Seifenoper zu machen."
Er könne Gejammere einfach nicht ausstehen, sagt Dibinga, seines Zeichens
Drehbuchautor und Produzent, später. Er selbst ist in der Demokratischen
Republik Kongo geboren, ist aber inzwischen in Hollywood fest etabliert.
"Nollywood sollte in Hollywood nicht den Heilsbringer sehen. Die
nigerianische Filmindustrie hat ohne fremde Hilfe eine Menge erreicht und
hat ein riesiges Publikum. Letztes Wochenende erst hat mir eine Großmama
aus Haiti von Nollywood-Filmen vorgeschwärmt."
Am Wochenende fand in Beverly Hills die dritte Konferenz der
Nollywood-Foundation statt. Zwei verschiedene Welten trafen aufeinander:
Auf den Podien Filmemacher und Produzenten aus Hollywood, in den Reihen der
Zuhörer rund vierzig Schauspieler, Filmemacher, Politiker und Journalisten
aus Nollywood, der nigerianischen Filmindustrie. In einem entscheidenden
Punkt waren sich beide Seiten einig: Nollywood hat eine große Zukunft vor
sich.
Die Nollywood-Foundation, eine Stiftung, die für den nigerianischen Film in
den USA werben will, geht auf eine Privatinitiative von Egbe Dawodu zurück.
Die Nigerianerin ist Managerin bei der Weltbank in Washington, D.C. Bei
einer Reise vor drei Jahren nach Ostafrika, sagt sie, war sie völlig
überrascht, dass die Leute dort nigerianische Filme schauten. Daraufhin
setzte sie sich mit Sylvester Ogbechie zusammen, einem Kunsthistoriker an
der Universität von Santa Barbara in Kalifornien, und gründetet die
Lobby-Gruppe.
Für die Konferenz hatte die Stiftung ein Dutzend Hollywood-Produzenten vor
allem aus dem Independent-Bereich in ein kleines, aber feines Hotel in
Beverly Hills eingeladen. Gesponsert von der amerikanischen Anwaltskanzlei,
die die Stiftung in Rechtsfragen vertritt, diskutierten und belehrten die
Hollywood-Insider die Zuhörer darüber, wie man Produzenten in Hollywood
Filmstoffe schmackhaft machen kann, wie man eine Produktion vorbereitet und
wie Filme produziert und finanziert werden. Am zweiten Tag verwandelte sich
der kleine Konferenzraum in eine Mini-Ausstellung, bei der zwei Techniker
den aus Nigeria angereisten Filmemachern die neusten Kameras und Mikrofone
vorführten und erklärten.
Schon jetzt ist Nollywood eine afrikanische Erfolgsgeschichte, die, auf
einem Kontinent, wo kaum etwas zu finden ist, was nicht von wohltätiger
oder staatlicher Hilfe abhängt, allein auf privatwirtschaftliche Initiative
zurückgeht. Nach Schätzungen der Nollywood-Foundation werden in Nigeria
jährlich 2.000 bis 3.000 Filme produziert, was 300.000 Nigerianer
beschäftigt und ein Einkommen von 250 Millionen Dollar generiert. Typische
Nollywood-Filme werden nicht im Kino gezeigt, sondern direkt auf DVD in
einer Auflage von 20.000 bis 30.000 Exemplaren vertrieben. Den
afrikanischen Filmmarkt hat Nollywood allerdings schon seit ein paar Jahren
fest in der Hand, und auch in Brasilien, der Karibik und Melanesien, den
Inselnationen der westlichen Südsee sind die Filme inzwischen sehr populär.
Außerdem werden tausende DVDs an die afrikanische und karibische Diaspora
in Europa und Nordamerika verkauft.
Da die nigerianischen Filme als DVDs veröffentlicht, außerhalb von Afrika
fast ausschließlich auf inoffiziellen Kanälen vertrieben und bisher nur
selten auf Filmfestivals gezeigt werden, weiß bisher kaum jemand in
Hollywood etwas über sie. Der Produzent Steven Friedlander, bei Warner
Independent Pictures für Filme wie "Good Night, and Good Luck" von George
Clooney verantwortlich, zum Beispiel räumte ein, noch keinen Nollywood-Film
gesehen zu haben. "Ich habe meine Hausaufgaben erst heute Vormittag
gemacht", sagte er. Er habe sich im Internet informiert, und was er dort
fand, habe ihm gefallen: "Nigeria hat eine einzigartige Literatur und eine
große Erzähltradition. Ich denke, in zwei, drei Jahren werden wir einen
Oscar für den besten fremdsprachigen Film und Preise in Cannes und anderen
Filmfestivals für nigerianische Filmemacher sehen."
Auf die Frage eines nigerianischen Journalisten, was Nigeria tun könne, um
westliche Produktionen ins Land zu holen, verwies Friedlander auf sechs
Punkte: den Aufbau von Filmschulen, Steuererleichterungen, unbürokratische
Visaerteilung, bessere Hotels, die Bekämpfung der Straßenkriminalität und
aggressive Werbekampagnen auf Festivals wie Sundance und Cannes.
Der nigerianische Abgeordnete Melaye erwiderte aufgeregt: "Bei uns gibt es
riesige Wohnhäuser mit toller Ausstattung. Da könnte jeder Hollywood-Star
wohnen." Und der Direktor der nigerianischen Zensurkommission, Emeka Mba,
sagte: "Noch bis Ende des Jahres werden wir die rechtlichen Grundlagen für
die Gründung einer Filmstelle schaffen. Dann können Filmemacher alle
Angelegenheiten zentral klären." Außerdem werde die Behörde erstmals
Filmförderung in Nigeria vergeben.
Am Abend hatten fünf nigerianische Filmemacher die Chance, ihre Projekte
vorzustellen und zu bewerben - im Filmjargon: zu pitchen. Weil vom Pitchen
so viel abhängt, ist es in Hollywood eine Angelegenheit von fast mystischer
Dimension. Es gibt dazu Bücher und wochenlange Seminare. Zack Orji, einer
der bekanntesten Schauspieler und Regisseure in Nigeria, stellte eine
Komödie über zwei Frauen vor, die in den Kongo reisen, um Diamanten zu
kaufen, und in alle möglichen Schwierigkeiten geraten. "Ich denke", sagte
er, "dass unsere Stoffe bei einem internationalen Publikum gut ankommen
würden." Das schienen die Produzenten anders zu sehen. "Ich verstehe nicht
ganz, wie da Komik reinkommen soll?", fragte Angela Worthington von
Codeblack Entertainment, einer Produktionsfirma, die auf afroamerikanischen
Film spezialisiert ist. Und Ayo Osunrinade, Gründer des britischen
Fernsehsenders Urban TV, sagte: "In Nigeria gibt es oft einen Tag nach der
Veröffentlichung schon Raubkopien auf dem Markt. Deshalb würde ich mich nur
unter einer Bedingung bereit erklären, eine Nollywood-Film zu produzieren:
dass er in Nigeria zuletzt veröffentlich wird."
25 Jun 2008
## AUTOREN
Peter Böhm
## TAGS
Theater
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