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# taz.de -- Spaniens Sieg bei der EM: Ein kurzer Moment des Glücks
> Spanien gewinnt nach 44 Jahren wieder eine EM. Womöglich ist es schon der
> Höhepunkt einer Ära. Das Spiel der Spanier ist zu riskant, um in Serie zu
> gehen. Und dann geht auch noch ihr Trainer
Bild: Sie sind einfache, höfliche Sportler, und nichts anderes wollen sie sein…
WIEN taz Andrés Palop brachte noch jemanden mit zur Siegerehrung. Die
Aufpasser, die dafür sorgen sollten, dass bei der EM alles politisch
korrekt abläuft, bekamen Panik und fragten den dritten Torhüter der
spanischen Nationalmannschaft, was für ein grün-schwarzes Jersey er da
angezogen habe. Vielleicht dachten sie, mit dem Wappen auf dem Trikot
demonstriere er für Tibet.
Es müssen junge Sittenwächter gewesen sein. Denn jeder Fußballinteressierte
über 35 wusste sofort, wen Palop da mit zum Pokal nahm. Er hatte sich das
Originaltrikot von Luis Arconada übergestreift, dem spanischen Torwart, der
das Europameisterschaftsfinale 1984 mit einem horrenden Fehler gegen
Frankreich für Spanien verlor. "Es war meine Hommage an ihn", sagte Palop,
"Arconada sollte auf diese Weise doch noch auf dem Siegerpodest stehen. Für
meine Generation war er ein Idol."
Auf diese Weise fiel Palop nach dem 1:0-Sieg über Deutschland im Finale von
Wien auf: Er war der einzige Vertreter des alten Spaniens da oben. Er ist
Jahrgang 1973, fast 35 Jahre alt, fünf Jahre älter als jeder andere im Team
außer dem eingebürgerten Brasilianer Marcos Senna und Juanito, die beide
1976 geboren sind.
Palops Generation hatte sich noch abgearbeitet an dem Verdammnis der
Geschichte, dass Spanien - das Land der großen Klubs - mit der Nationalelf
seit dem einzigen EM-Triumph 1964 nie mehr etwas gewinnen konnte. Seine
Mitspieler jedoch, geboren fast allesamt in den Achtzigern, bilden die
erste spanische Generation, die nicht angetreten ist, um historische
Rechnungen zu begleichen oder Arconada zu rächen. Diese junge Mannschaft,
angeführt von Spielmacher Xavi und Torwart Iker Casillas, schirmte sich ab
von den Besessenheiten des gestrigen Spaniens. Sie sind einfache, höfliche
Sportler, und nichts anderes wollen sie sein. Auch deshalb wurden sie eine
einzigartige, höfliche Elf.
Um Mitternacht kamen sie am Sonntag in den Vorraum des
Ernst-Happel-Stadions, wo die Medien der Welt schwitzend auf Worte der
Europameister warteten. Sie sangen aber nur etwas vor. In einer Polonaise,
angeführt von Kapitän Casillas im Trikot des Deutschen Christoph Metzelder,
zogen sie vorbei, grölten "Eviva España" und verschwanden wieder für eine
Stunde in ihrer Umkleidekabine.
Stürmer David Villa drückte noch einem verdutzen Reporter eine
Champagnerflasche in die Hand. "Feiern!", befahl Villa. Eine Stunde später
platzte er in eine Radio-Liveschaltung mit Casillas. Villa überbrachte die
Nachricht von der Krönung des Torwarts: "Iker der Erste von Spanien!",
schrie der kleine Stürmer. Andere in seiner Situation wären ein wenig
traurig gewesen, als bester Torschütze der EM mit vier Toren hatte er das
große Finale wegen eines Muskelfaserrisses verpasst. Villa aber war der
glücklichste. Das sagt etwas über das Miteinander dieser Mannschaft.
Etwas Kurioses ist passiert. Während die Politik und die Medien in Spanien
sich immer mehr wie Stämme aufführen, die sich in archaischen Konflikten
suhlen, rechts gegen links, Katalanen gegen Spanier gegen Basken, liefert
der Fußball, der lange für die modernen Stammeskriege stand, mit der
Nationalmannschaft nun das schönste Beispiel für einen souveränen,
selbstverständlichen Umgang mit den spanischen Unterschieden.
Im Stadion in Wien waren auch baskische Fans im Trikot von Athletic Bilbao,
und als Carles Puyol, der Gladiator in der Abwehr, gefragt wurde, was er
und die anderen fünf Katalanen dem Team geben würden, redete er lieber über
"das Sushi-Team". Das hätte er mit Andrés Iniesta gegründet, und immer mehr
Mitspieler seien in Österreich dann mit Japanisch essen gegangen, "ein
Schlüssel des Erfolgs: das Sushi-Team", sagte Puyol.
Den Eindruck, den sie in Österreich machten, wird man nicht vergessen. Mit
ihrem Kombinationsspiel leuchteten sie den Fußball von seinen schönsten
Seiten aus. Sie haben nur einen Stil, das ewige Passspiel. Aber sie haben
gelernt, es auf unterschiedlichste Weise einzusetzen. Mal, im Halbfinale
gegen Russland, wurde daraus überbordender Angriffsfußball; mal, im
Viertelfinale gegen Italien, passten sie nur defensiv hin und her. Im
Finale gegen Deutschland ließen sie den Ball anmutig im hinteren Mittelfeld
laufen, um dann plötzlich immer wieder mit einem Steilpass profane Konter
zu starten. Für all diejenigen, die unter Berufung auf Griechenlands
EM-Sieg vor vier Jahren in Portugal immer behaupten, im Fußball sei alles
möglich, war Spaniens Sieg eine Antwort: Meistens gewinnt auch im Fußball
einfach der Beste.
Doch als sie in die Nacht verschwanden, blieb auch die Ahnung zurück, dass
das Beste schon vorbei ist. Ihr Stil wird keine Nachahmer finden. Zu
schwierig, zu riskant ist das permanente Passspiel. Und ihr eigener Zauber,
so ist zu befürchten, wird zumindest Schrammen abbekommen. Trainer Luis
Aragonés, der schrullig genug war, ein Mittelfeld mit fünf kleinen
Ballspielern aufzufüllen, geht; mit 69 Jahren zu Fenerbahce Istanbul.
Vicente del Bosque, ein neuer Trainer mit neuen Ideen, kommt. Jeder neue
Gedanke wird diese Elf ein wenig von ihrer Einzigartigkeit entfernen.
Das Spanien von Luis Aragonés war nicht die Zukunft des Fußballs, sondern
bloß eine Sehnsucht, die sich einmal auf wundersame Art erfüllt hat. Sanft
wie ein Hauch wird sie entgleiten, und man wird sich schon bald fragen: War
es wirklich wahr?
1 Jul 2008
## AUTOREN
Ronald Reng
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