# taz.de -- Kommentar Konflikt um Faruk Sen: Worte der Besonnenheit | |
> Seine Gegner haben krampfhaft nach einem Grund für Faruk Sens Rausschmiss | |
> aus dem Zentrum für Türkeistudien gesucht. Der Zentralrat der Juden macht | |
> da zu Recht nicht mit. | |
Mit seiner Intervention zugunsten Faruk Sens sorgt der Zentralrat der Juden | |
in Deutschland für ein dringend notwendiges Wort der Besonnenheit in einer | |
absonderlichen Debatte. Sie ist als ein Appell zu verstehen, zu einem | |
sachlichen und menschlichen Umgang mit dem Noch-Direktor des Zentrums für | |
Türkeistudien zurückzukehren. Auch wenn es Sen nicht viel nützen dürfte. | |
Sen hat sich mit den Jahren viele Feinde gemacht. Den einen ist der | |
60-jährige Professor ein Dorn im Auge, weil er immer wieder die | |
Diskriminierung türkischstämmiger Menschen in der Bundesrepublik | |
angeprangert hat. Andere beklagen die vermeintlich fehlende | |
Wissenschaftlichkeit seines Instituts. Manche stören sich an seinem | |
Geltungsdrang und dem bisweilen patriarchalen Gehabe des "Fürsten Faruk". | |
Den muslimischen Verbänden ist er als Stimme der säkularen Türken, den | |
kurdischen Verbänden als Kemalist verhasst. Und seine Parteifreunde nehmen | |
es ihm bis heute übel, dass das SPD-Mitglied bei der OB-Wahl 2004 in | |
Gelsenkirchen einen Aufruf zugunsten des CDU-Kandidaten unterschrieb. Diese | |
Gemengelage erklärt, warum sich so manch gehässiger Ton in die | |
Berichterstattung um Sen mischt. | |
Geradezu krampfhaft haben seine Gegner nach einem Anlass gesucht, um Sen | |
loszuwerden. Es besteht kein Zweifel: Sein Vergleich der heutigen Situation | |
der Türken in Europa mit dem Schicksal der europäischen Juden ist nicht | |
hinzunehmen, weil er eine Verharmlosung der Judenverfolgung beinhaltet. Ihn | |
dafür scharf zu kritisieren, ist notwendig. Doch darum geht es denjenigen | |
nicht, die jetzt so eifrig an seinem Rausschmiss arbeiten. Sonst würden sie | |
berücksichtigen, in welchem Kontext Sen seinen völlig missratenen Vergleich | |
zog: Er wollte in der Türkei dazu aufrufen, Partei zu ergreifen für | |
antisemitischen Angriffen ausgesetzte Juden am Bosporus - und übrigens auch | |
für armenisch- und griechischstämmige Türken. Er hat Gutes gewollt, aber | |
Schlechtes gemacht. Ihn zu bezichtigen, er habe dem deutsch-türkischen | |
Verhältnis und der Integrationspolitik schwer geschadet, ist jedoch | |
unredlich. PASCAL BEUCKER | |
1 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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